Wiener Clubs im Interview: Badeschiff

Die Wiener Clublandschaft floriert. Wiener Clubs genießen mittlerweile einen guten internationalen Ruf bei Acts, Bookern und – vor allem – dem Publikum. The Gap sieht genauer hin und trifft einige Clubmacher zum Interview. Heute: Dieter Schärf und Günther Hopfgartner vom Badeschiff.

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Vor sechs Jahren hat das Badeschiff eröffnet, am 23. Mai 2006 um genau zu sein. Da erlebte der Donaukanal gerade eine kleine Blüte, nach der immer zu erwachsenen Summerstage war die Strandbar Hermann zwei Sommer lang aushaltbar, es zogen Medienhäuser hin, Wien bekam so etwas wie ein Skyline. Künstliche Strände! Und mittendrin spülte das Badeschiff mitsamt Susiklub junge, coole Sonnen- und Nachtanbeter an das Ufer zwischen erstem und zweitem Bezirk.

Das Badeschiff zog dann ein paar Saisonen lang New Rave-Clubs an. Clubs wie Myyy Bitch Club (ruhe selig!), Pola:Riot, Less Talk More Rock oder Wrckd spielten Musik, bei der man nie so genau wusste, ob die so klingt, oder einfach nur die Boxen kaputt waren. Hach, geil war das. Ganz kurz. Da passte sogar das aufdringliche Branding durch Ing.Diba und Limofirmen zum konsumistischen Dröhnen und Kreischen der Ravesirenen. Lange hielt das nicht, der Sound klang schon bald müllig, Clubs wanderten ab. Seither grundelt der Laderaum vor sich hin, ab und an Konzerte, oder Firmenfeiern. Dazwischen gab und gibt es Lichtblicke wie das Waves Vienna, das Technokränzchen am Mittwoch und den Meat Market. Moment, "grundelte" müsste das genauer heißen. Im Jänner 2013 eröffnet der Laderaum – Neu: LDRM – mit neuen Chefbookern. Wir haben Dieter Schärf und Günther Hopfgartner um Antworten gebeten.

Nach ein paar fetten Jahren dümpelte das Badeschiff vor sich hin. Warum einen altes Schiff auf Vordermann bringen und nicht was Neues machen?

Weil das Badeschiff immer noch eine sehr unique Location mit viel Charme und auch ein bisschen Patina ist, die sich unserer Meinung nach lohnt, wieder flott zu machen. Bewährtes – und vielleicht zu Unrecht Vergessenes – in Beziehung zu setzen mit neuen Ideen, Sounds und Images ist darüberhinaus eine der Leitideen des LDRM.

Neuer Booking-Chef, neue Anlage, neuer Versuch. Was wird noch alles renoviert und auf Vordermann gebracht?

Das Ambiente insgesamt soll etwas "wohnlicher" werden und nicht mehr ganz so "Underground-Keller-mäßig" – also neues Lichtkonzept und vor allem auch ambitionierterer Einsatz von Visuals. Zudem haben wir die Bühne wieder vergrößert und insgesamt Live-tauglich gestaltet – es wird also deutlich mehr Live-Sets geben. Neue elektronische Spielarten und ihre Akteure in Beziehung zu setzen mit von uns geschätzten "analogen" Musikern wird entsprechend ein Schwerpunkt des Programms.

Wie teuer wird ein kleines Bier sein?

Ein kleines Pilsner-Urquell kostet 3,10.- Euro.

Ist Wien nach ein paar Club-Schließungen wieder bereit für eine 400er Location?

Vermutlich nicht für ein weiteres Berghain-Outlet im Kleinformat, jedenfalls aber für einen Club, der die lokalen Communities und ihre globalen Anbindungen jenseits des clubkulturellen Mainstreams erkundet. Da sind wir recht zuversichtlich.

Wird der Laderaum eher ganz was anderes als die anderen machen oder doch ähnliches Programm in feinerem Rahmen? Welche Veranstalter nehmt ihr mit?

Der Laderaum wird wohl ganz was anderes machen, sprich: Wir werden versuchen, musikalisch Nischen zu besetzen – gestützt auf „local artists“ mit möglichst breitgefächerten Ansätzen und Interessen – um nach und nach auch so etwas wie einen wieder-erkennbaren Laderaum-Sound zu entwickeln.

Dazu braucht es organisatorisch sicher nicht das tausendste Top-Down-Hipster-Business-Modell, sondern eher eine Community, die sich nach und nach den Laderaum aneignet und gemeinsam etwas Neues entwickelt. Insofern werden wir den Laderaum und das Badeschiff gegenüber früheren "Ausfahrten" nicht nur kulturell öffnen.

Mit Clubkultur in "feinerem Rahmen" hat das nur insofern zu tun, als wir künftig vermehrt auf Qualität statt Masse setzen wollen.


Früher haben die Eigentümer des Badeschiffs in schöner Regelmäßigkeit ihre Veranstalter vergrault, andere wollten sich auf das Experiment nicht einlassen. Warum wird das bei euch anders sein?

Es wurden sicherlich einige ambitionierte Veranstalter vergrault, vielfach aufgrund mangelnder Sensibilität der Eigentümer gegenüber den Befindlichkeiten des Clubwesens, andere Clubs sind aber auch nur dem nächsten Hype nachgelaufen und deshalb abgesprungen, haben also recht eigentlich das Badeschiff "vergrault".

Wir werden jedenfalls überwiegend selbst als Veranstalter auftreten, mit ein paar befreundeten Veranstaltern kooperieren und darüberhinaus versuchen, eine möglichst ambitionierte Community aufzubauen und diese in die Entscheidungsprozesse ein zu beziehen.

Dieses Modell basiert auf einem Vertrauensverhältnis und einer gemeinsame Idee davon, welchen Sound und welche Kultur wir auf Perspektive im Laderaum haben wollen.

Wie verträgt sich der neue Laderaum mit dem After Work-Publikum im Holy Moly und der Donaukanal-Schickeria?

Interessante Frage. Sollte man wohl die Donaukanal-Schickeria fragen, die sich übrigens – wenn wir das richtig beobachten – nach Einbruch der Dunkelheit eher in die Grelle Forelle oder die Pratersauna zurückzieht, denn in den Laderaum. Insofern sind die nicht wirklich unser Problem.

Mit Techno Sonntag habt ihr eine neue Veranstaltungsreihe, die euch das gesamte Schiff überfüllt. Was sind die Vorteile an so einem jungen Publikum und was für Nebenerscheinungen bringen diese mit sich?

Na, ein paar Leute würden wir auch am Technosonntag noch aufs Schiff kriegen. Aber natürlich läuft die Veranstaltung schon sehr gut. Wobei gerade der Technosonntag die Vorteile von jungem Publikum deutlich macht: die sind derzeit einfach weniger dogmatisch, was die Amtlichkeit von Sounds und Stilen betrifft, entsprechend auch experimentierfreudiger als die alteingesessenen Techno-Kommissare. Beim Technosonntag hat uns zum Beispiel die Idee überzeugt, Ausstellungen junger Künstlerinnen und Künstler in die Party zu integrieren. Das macht für uns wesentlich den Charme der Veranstaltung aus.

Die Kehrseite von Clubs mit recht jungem Publikum ist dann halt auch manchmal eine seltsame Beliebigkeit, die Qualität des Programms betreffend. Auch diesbezüglich haben wir in den letzten Jahren unsere Erfahrungen gemacht.

Werden Afterhours wieder Thema? Früher waren sie das ja bei euch und im Herbst 2012 gab es auch die eine oder andere?

Wir werden sicher keine regelmäßigen Afterhours veranstalten – das muss schon passen vom Booking her gesehen und eventuell gemeinsam mit einer nahegelegenen Partnerlocation/Club.

Fisch (<><) oder Dampf (Pratersauna)?

Weder noch. Ohne irgendwem Übles nachreden zu wollen, aber eigentlich werden wir mit beiden nicht allzuviel gemein haben. Kann sein, dass es ein bisschen dauert, das zu entwickeln und zu etablieren was wir wollen, aber auf Sicht soll der Laderaum eine sehr eigenständige Location werden, den Sound betreffend, aber auch das kulturelle und organisatorische Selbstverständnis.

Was sind eure drei Wunschbookings für 2013?

Zunächst mal werden wir kontinuierlich an der Entwicklung unserer Residents arbeiten. An internationalen Bookings wünschen wir uns darüberhinaus unter anderen: Laurent Garnier mit einem Soul-Set, Bassnectar und Rebekah Aff …

Am 17. Jänner beginnt das Eröffnungswochenende des Ldrm am Badeschiff. Mit dabei: Kebara, Johann Sebastian Bass, Urbs und tausend DJs.

www.badeschiff.at

Mehr Clubkultur:

www.thegap.at/wienerclubkultur

Bild(er) © Citronenrot
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