Kleine Wunschliste ans Christkind

Eigentlich wollte ich in dieser Kolumne zwei Witze zum Besten geben. Ein – wie man so schön sagt – sehr lieber Kollege von mir hat nämlich einen Schwiegervater in Amerika, der sich in den 60er Jahren zwei Gags rechtlich schützen ließ und die nun gesichert mit Copyright in der Library of Congress in Washington vor sich hinreifen.

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Dummerweise gestaltete sich die Eruierung der Pointen als etwas schwierig. Weder mein Kollege noch dessen Frau haben nämlich die Punchlines der zwei Witze genau im Kopf. Weswegen ich hier nun ankündige, dass ich das beim nächsten Mal nachhole. Obgleich ich doch bereits jetzt ein wenig skeptisch bin. So besonders super können die geschützten Gags wohl auch nicht sein, wenn sie nicht einmal enge Verwandte präsent haben. Erschwerend kommt hinzu, dass ich keine Witze erzählen kann. Da bin ich mir sicher, weil ich kenne nämlich nur drei. Zwei harmlose und einen kurzen, der in vier Zeilen drei Tabus bricht und zur Sorte "Bist-du-deppat-das-hat-der-jetzt-aber-nicht-echt-gesagt-oder?" gehört.

Ich kann aber auch ohne Witze zu erzählen Tabus brechen. Zum Beispiel jetzt gleich über Weihnachten. Ich versuche seit jeher saisonneutral zu schreiben. Also wenn Ostern vor der Tür steht, werde ich mir kaum Gedanken zum Eierfärben machen. Gedanken zum Eierfärben kann man sich eigentlich immer machen. Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass es simple Gemüter unabhängig von den kalendarischen Gegebenheiten immer ein wenig am Zwerchfell kitzelt, wenn sie erzählt kriegen, wie eine von der Natur mit der Gabe der experimentellen Wollust gesegnete Mamsell einem brünstigen Eierbären die hohe Kunst der hypobaren Sugillation am Skrotum vorexerziert. Oder etwas volkstümlicher: Ihm am Sackerl die Goggerl blaugrün knutschfleckt. Das ist knapp vor Weihnachten ebenso von zeitloser Tiefe wie Ende September oder Anfang Februar. Da beginnen sich nämlich die ersten Menschen lautstark darüber zu empören, dass Weihnachten, respektive Ostern immer früher in den Supermärkten beworben wird. Ich finde diese Zeitgenossen ja hochgradig unsympathisch und könnte ihre Kritik vielleicht einen Deut ernster nehmen, wenn ich nicht das Gefühl hätte, dass der kleinste gemeinsame Nenner dieser saisonalen Tugendwächter eine von Scheinheiligkeit ummantelte Masse an widerlichem, von bösartiger Fadesse getriebenen Stumpfsinn ist. Mein Ekel vor diesem Menschenschlag und seiner Berechenbarkeit ist mittlerweile so groß, dass ich seit drei, vier Jahren bereits Mitte Oktober Briefe ans Christkind verfasse, um mich innerlich zu beruhigen. Für heuer habe ich ein paar schöne Sachen auf kariertes Papier gekritzelt.

An erster Stelle: Ein Lebensmittelskandal bei Lidl. Damit ich endlich das Wortspiel "Spiel mir das Lidl vom Tod" anbringen kann. Wobei ich nun schon bemerken möchte, dass es gar nicht einmal so ungefährlich ist, was man da so ins Universum schickt. Vor zwei Jahren schrieb ich nämlich: "Bitte mach, dass bald eine Verfilmung von Daniel Kehlmanns Bestsellerroman ›Die Vermessung der Welt‹ ins Kino kommt." Obwohl ich weiß, dass Literaturverfilmungen, selbst von Superbüchern, in neun von zehn Fällen gacki und einmal richtig gacki sind, hab ich das nicht aus Boshaftigkeit gemacht. Vielmehr wollte ich einfach nur wissen, ob der Titel in abgewandelter Form – wie damals, als das Buch erschien – wieder und immer wieder in Print- und Online-Headlines auftaucht. "Die Vermessung der digitalen Welt", "Die Vermessung der Welt 4.0.", "Die Vermessung der Wall Street", "Die Vermessung des Goldes", "Der Weltvermesser" etc. etc. etc. Nun, nein muss man sagen. Der Schmäh wurde ausgereizt, als das Buch aktuell war, bei der Verfilmung war dem genug. Danke Christkind, für diese Erkenntnis und mach bitte meinen zweiten Wunsch wahr. Jeder Journalist, der 2013 eine Abwandlung des Filmtitels "Ziemlich beste Freunde" verwendet, soll einen Schlaganfall kriegen, der Berufsunfähigkeit und striktes Alkoholverbot bewirkt.

Weiters wünsche ich heuer, mehr Entscheidungsstärke unterm Baum zu finden. Warum, darüber könnte ich ziemlich viel schreiben, oder auch nicht, aber ich kann schon gut leben mit meiner Entscheidungsschwäche. Beim Pizzaessen bestelle ich immer Quatro Stagioni und wenn ich Tee kaufe, entscheide ich mich für den "Selection Pack" von Twinings, da sind fünf Schwarzteesorten zu je fünf Beuteln drinnen. Super. Zu Quatro Stagioni fällt mir übrigens einer von den drei Witzen ein, die ich kann. Mit Verdi und U-Bahn geht der, aber ich werde ihn nicht erzählen, stattdessen will ich lieber meinen nächsten Wunsch Kund tun: Ich brauch eine bessere Aussprache bitte. Ab und an belle ich wie ein Hund beim Reden und in Englisch hab ich neuerdings komische Aussetzer. Ich treib mich deswegen des Nächtens auf diversen Wörterbuchseiten herum und hör mir die Aussprache-Soundfiles von einzelnen Wörtern an. Manchmal auch von sehr vulgären, weil es mir infantile Freude macht, von der Computerstimme oder einem Native Speaker Begrifflichkeiten wie cocksucker oder pussy eater um die Ohren geschlagen zu kriegen. Ich hör mir das aber auch auf Deutsch an und lach mich oft ziemlich schief. Vor allem, weil die Frauenstimme auf leo.org »Muschi« nicht richtig ausspricht. Sie sagt immer [die muski] und ich denke dann meist an die drei Muskitiere, summe die alte Volksweise "Muski denn, muski denn, zum Städtele hinaus" und hab deswegen ganz unbescheiden noch einen vierten Wunsch ans Christkind formuliert.

Neue Wörter für das weibliche und männliche Geschlechtsorgan. Ein paar Ideen dazu wären schon aufgeschrieben. Für die Herren etwa: 1. Knoblauchpresse; 2. Herausgeber; 3. Knick-Name; 4. Kevin Luzia; 5. Bügelstation. Und für die Damen: 1. Bananengarage; 2. Offenes Geheimnis; 3. Amazon.com; 4. Big Bass; 5. Bügelstation.

Dass Bügelstation zweimal vorkommt, hat übrigens einfache Gender-Gründe. Die führe ich das nächste Mal genauer aus, dann erzähle ich vielleicht auch den Witz zu Bügelstation, der mit "geht ein Mann mit einbandagiertem Kopf in die Bäckerei" beginnt.

Bild(er) © Jakob Kirchmayr
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