Für ein paar Dollar mehr

Das Filmgeschäft ist kein Kindergeburtstag – schon gar nicht im Schatten der großen Blockbuster. Hier in den Indie-Gewässern, wo sich die kleinen Fische um jeden geförderten Cent zanken, gilt der Survival of the Fittest. Der Film "Chi l’ha visto – Wo bist du?" setzt kurz vor seiner Premiere auf Crowdfunding.

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Bei einem Schauspiel-Workshop trifft die Deutsche Claudia Rorarius auf den Halbitaliener Gianni Meurer. Sie beschließen gemeinsam einen Film zu machen. Die Idee ist bald geboren: Ein Roadmovie soll es werden. Eine Reise von Berlin nach Italien. Der Protagonist Gianni ist darin auf der Suche nach seinem Vater. Eine Geschichte mit autobiografischem Hintergrund – auch im wirklichen Leben hat Gianni Meurer keinen Kontakt zu seinem Vater –, darüber hinaus aber fiktiv.

Die beiden reisen nach Italien, recherchieren, schreiben gemeinsam am Drehbuch. Schön langsam entsteht ein Film. "Chi l’ha visto – Wo bist du?" ist Claudia Rorarius Spielfilmdebüt. Finanziert wurde er neben Eigenkapital über zwei kleinere Filmfördertöpfe. Damit ist das Abenteuer aber noch nicht beendet, schließlich soll der Film ja auch von irgendjemandem gesehen werden. Auf einer Vielzahl an internationalen Festivals ist er schon gelaufen und hat damit auf sich aufmerksam gemacht. Nun soll er in die Kinos. Und dafür müssen nicht nur Plakate und Flyer her, vor allem aber auch Filmkopien für die einzelnen Spielstätten. Am 18. August 2011 wird das deutsch-italienische Roadmovie Premiere in Berlin, Hamburg, München und Köln feiern. Das macht für den Anfang vier Filmkopien. Eine allein koste schon etwa 1500-2000 Euro, weiß Rorarius. Weitere Kinostarts, auch in Österreich und der Schweiz sind geplant. Was bei größeren Filmproduktionen wohl eine Lappalie darstellt, wirft hier die eine große Frage auf: Wer soll das bezahlen?

Das Marketing läuft weitgehend über klassische Social Media-Kanäle. Unterstützung gibt es dafür von "Social Film Marketing"-Betreiber Wolfgang Gumpelmaier. Neben Blog, Facebook und Twitter betreut er zusätzlich noch eine Crowdfunding-Kampagne. Auf Plattformen wie startnext.de oder indiegogo.com können unterschiedlichste Projekte, zum Beispiel Filme, beworben werden. Interessierte User können den Film mit einer Geldspende unterstützen und erhalten im Gegenzug eine kleine Prämie als Dankeschön (ob Filmplakat, signierte DVD oder persönliches Abendessen mit der Crew – das hängt von Höhe des Betrags ab). Für Claudia Rorarius ist das ein guter Weg, Interessierte zu lokalisieren und von Anfang an in die Vertriebskanäle einzubinden.

Die Kampagne läuft noch bis 7. August. Knapp über 3000 Euro sind bisher auf diese Weise zusammengekommen. Damit Crowdfunding gut funktionieren kann, muss das Publikum aber erst einmal darauf aufmerksam gemacht werden. Was das "Schwarmfinanzieren" generell betrifft, so hinkt Europa noch ein wenig nach.

"Im anglo-amerikanischen Raum ist Crowdfunding weit populärer als in Europa. Vor allem im deutschsprachigen Raum ist diese neue Möglichkeit der Projektfinanzierung über die Online-Community erst seit knapp einem Jahr so richtig angekommen", beobachtet Gumpelmaier, "auffällig ist dabei, dass auf Crowdfunding-Plattformen wie Startnext, mySherpas, Inkubato, Pling oder Visionbakery vor allem Filmprojekte beworben werden." Generell sieht er, auch in Österreich, eine steigende Tendenz. Man kann es nur hoffen für all die tapferen Indie-Filmschaffenden da draußen.

Fotos Copyright by Soquietfilms

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