Ein Jahr Schwitzkasten

Die Pratersauna wird ein Jahr alt. Neben einer Jahresparty versucht das Festival "Prater Unser" junges Leben in den Prater zu bringen. The Gap hat die Betreiber der Pratersauna, Hennes Weiss und Stefan Hiess, zu Mail-Interview getroffen.

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Prinzipiell verstehen sich die meisten Locations untereinander und trotzdem gibt es Konkurrenzängste zwischen Veranstaltern. Im Zweifelsfall schaut man auf die eigene Hütte und versucht den Aufwand niedrig zu halten. Wie schwierig war es die verschiedenen Locations zusammen zu bringen und für das b>Prater Unser zu begeistern?

Von unserer Seite gibt es – zum Glück – keine Konkurrenzängste und wir verstehen uns prinzipiell mit allen Veranstaltern und Clubeigentümern sehr gut. Die meisten der Veranstalter bei uns in der Sauna sind auch unsere Freunde – so ist es auch mit einigen der Clubbetreiber (zum Beispiel Rudi & Peter vom Flex). Es ist kontraproduktiv gegeneinander zu arbeiten – schlussendlich teilen wir ja alle die gleichen Sorgen, das schweißt im Zweifelsfall sogar eher zusammen. Der Kuchen ist groß genug für alle – die Schwierigkeit besteht in einer möglichst optimalen Aufteilung. Deshalb tauschen uns aus und versuchen uns entsprechend zu koordinieren und organisieren (zum Beispiel Soulsugar in der Pratersauna veranstaltet von Ziggy Betreiber des Planetariums). Mal klappt es besser, mal weniger (So z.B. im letzten Herbst als Carl Craig bei uns zu Gast war und gleichzeitig Juan Atkins im Fluc. Zwei Technolegenden aus Detroit an einem Abend – das war definitiv zu viel für Wien!

Im Fall unseres im Juli erstmals stattfindenden Festivals „Prater Unser“ geht es schon gar nicht um Konkurrenz, sondern Synergien! Drei Clubs; in angenehmer Gehdistanz zueinander; mittendrin der Wurstelprater – ein Ort des Vergnügens seit Kaiserzeiten. Was die anderen Locations betrifft, war nicht wirklich viel Überzeugungsarbeit zu leisten – der Prater liegt uns allen am Herzen. Abgesehen davon ist der Initiator des Festivals ein Verein dem abgesehen von uns beiden auch die beiden Jungs von der Praterei (Felix Bergleiter aka Bionic Kid von den Waxolutionists und Dietmar Wilfing) angehören. Außerdem werden uns noch Robin und Klaus von Hart aber Herzlich helfen, sowie viele andere.

Die Pratersauna wird zwar Festivalzentrale inkl. Opening Konzert, Poolparty & Closing-Frühschoppen sein, aber wir behandeln alle drei Locations absolut gleichwertig.

Und warum tut ihr euch selbst den Aufwand für Prater Unser überhaupt an? Die Pratersauna läuft soweit sehr rund…

Das ist eine berechtigte Frage und um ehrlich zu sein, fragen wir uns das oft auch selber. Wir arbeiten beide derzeit an unserem physischen und psychischen Limit; private Freizeit gleich Null. Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir die meiste Zeit des vergangen Jahres „zwangsläufig“ im Prater verbracht haben und er uns richtig ans Herz gewachsen ist. (Selbst mein Nachhauseweg ist quer durch den Prater. Außer meiner Wohnung und der Sauna hab ich im letzten Jahr nicht viel gesehen).

Neben dem grünen Teil des Praters, hat sich auch im Wustlprater in den letzten Jahren einiges getan. Dennoch tut sich der Vergnügungspark schwer, sein angestaubtes Image loszuwerden. Mit der Pratersauna haben wir es geschafft, dass Leute in diese Gegend kommen, die vorher einen großen Bogen darum gemacht haben. Verständlich: Um diese Ecke haben wohl die meisten unserer Besucher vorher einen großen Bogen gemacht (außer diejenigen, die auf der Suche nach echter Liebe waren… hahaha). Vielleicht hilft das Prater Unser Festival mit, auch den Wienern wie du und ich sie sind Ihren Prater wieder etwas schmackhafter zu machen.

Ein Jahr Pratersauna – was waren drei persönliche Highlights?

Hennes Weiss: Schwierige Frage, begonnen hat alles mit der positiven Nachricht des Eigentümers, dass wir die Location überhaupt bekommen haben; schließlich mussten wir sehr lange darum zittern und es lag vieles am seidenen Faden. Sehr gut kann ich mich an meine persönliche Geburtstagsfeier im kleinen Rahmen mit Spontan-Set von Kerri Chandler im Secret Backroom erinnern. Ein strategisch wichtiger Tag war auf jeden Fall der Online Launch unserer Website, an der wir mehr als 3 Monate gearbeitet haben und für mich so etwas wie der ‚offizielle‘ internationale Start war.

Stefan Hiess (aka DJ Friedrich Locke): Highlights gab es viele. So zum Beispiel der Abend mit New Yong Pony Club und Simian Mobile Disco. Highlight deshalb, weil das erste Mal ein richtiges Konzert bei uns stattfand. Mit allem was dazugehört. Kleinere Club-Gigs hatten wir schon öfter – aber das war quasi die Feuertaufe der Gitarrenmusik bei uns – und sie wurde gut bestanden. Leider sind gerade die großen Veranstaltungen meistens mit viel Stress verbunden. Dem entsprechend erinnere ich mich lieber an jene Veranstaltungen, die etwas anderes als sonst waren: Zum Beispiel ein Jazz Frühstück an einem sonnigen Sonntag-Mittag, die Kinderdisko in der Faschingszeit, oder die Modeschau der Herbststraße. Neben den „außertourlichen Veranstaltungen“ gilt meine persönliche Vorliebe eher den frühen Morgenstunden, wenn nicht mehr ganz so viele Leute da sind und die Stimmung Ihren zweiten Höhepunkt findet.

Es hat in den ersten Wochen Pratersauna einige Kritik wegen der Türpolitik gegeben. Wie seid ihr damit umgegangen?

Das muss ich korrigieren: Es gab nicht Kritik wegen unserer Türpolitik, sondern aufgrund einer Fehlbesetzung der externen Security Firma. Doch wir müssen auch zugeben, dass wir dieses doch sehr wichtige Thema zu Beginn unterschätzt bzw. es dadurch zu einer Vernachlässigung gekommen ist. Dadurch kam es zu ein zwei Vorfällen, die absolut nicht in unserem Sinne waren und uns kurzfristig während der Image-Aufbauphase einen Rückschlag gegeben haben. Im Nachhinein haben wir das einzig richtige gemacht und die entsprechenden Fehlbesetzungen sofort gekickt und das Scouting und Briefing selbst in die Hand genommen.

Eine Fußballmannschaft an guten Securities zu finden ist in dieser Stadt fast unmöglich, aber mittlerweile haben wir dieses Thema rund um unsere Securitychefs Malte und Erich sehr gut im Griff. Zu kritischen Fällen aufgrund betrunkener Gäste oder Abweisungen aufgrund unserer doch sehr harten Türpolitik (entsprechend unserem „Wunschprofil“) kommt es fast regelmäßig. Viele Gäste verstehen nachwievor nicht, dass Securities eigentlich ihre Freunde sind, indem sie für ihre Sicherheit und den reibungslosen Ablauf sorgen. Zum Glück belastet uns das mittlerweile nicht mehr persönlich. Wir haben gelernt, dass dies in diesem Business Standard ist, egal wo und wann auch immer. Dieses Problem haben alle Clubs in ganz Österreich.

Wie viele Menschen beschäftigt die Pratersauna mittlerweile regelmäßig? Wie ununterbrochen beschäftigt sie euch?

Alles in allem werden es so um die 40 Leute sein, die regelmäßig da sind. Die beiden größten Brocken sind die (nicht bei uns angestellten) Securities und die meist geringfügig angestellten Barleute, sowie die Barchefs. Außerdem gibt es ein (ebenfalls externes) Putzteam, WC-Damen, Kassagirls, Techniker, die Lichterlohs unsere Visualisten, unseren Hausmeister (die gute Seele des Hauses), zwei Geschäftsführer, unsere rechte Hand Bruno und unsere Assistentin, die uns bei der Buchführung unterstützt.

Um die zweite Frage zu beantworten: Der Spruch „Selbstständig zu sein bedeutet: selbst, und das ständig, zu arbeiten“ bewahrheitet sich leider viel zu sehr. Oft haben wir beim Einschlafen die Pratersauna im Kopf, träumen davon, wachen auf und denken gleich wieder daran. Wir befinden uns nachwievor in der Aufbauphase und all das wird uns wohl noch länger beschäftigen. Irgendwann reicht vielleicht das Geld, um uns eine ganze Armada an Assistenten anzuschaffen.

Einige Projekte wurden anfangs auf Eis gelegt. Wann ist die Eröffnung des Art Space geplant? Und wird es leistbare Hauben-Küche und Diners bei euch geben?

Wir sehen uns nachwievor nicht als klassischer Club. Der Clubbetrieb ist nur ein Teilbereich des Gesamtkonzepts – allerdings jener Teilbereich, in dem wir uns am besten auskennen und der im Vordergrund steht. Schlussendlich muss hier das Geld verdient werden, um die anderen Bereiche finanzieren zu können. Wir haben einen 5-Jahresplan und haben keine der Ideen verworfen. Im Gegenteil: es werden immer wider neue Ideen geboren, neue kommen dazu. Wir haben noch einige Überraschungen im Talon.

Interior-Kunstprojekte, sowohl eigen- als auch fremdinitiierte Exhibitions und diverse Festival-Coops (z.B. Sound:frame, Poolbar oder das kommende 10festival) finden ja bereits statt. Dem "PS. artspace" als eigene Kunstinstitution wird es bestimmt nicht vor Herbst 2011 geben, zuvor muss der Club- und Konzertbereich entsprechend ausgebaut werden. Leider fehlt dafür noch das Budget. Bezüglich eigener Küche gibt es auch verschiedene Ansätze und die Idee, von denen mit Sicherheit eine umgesetzt wird. Irgendwann.

Ihr wolltet ein Treffpunkt der kreativen Klasse werden. Ist euch das gelungen? Oder hat sich das Ziel im Lauf der Zeit verschoben?

JA! Gerade eben trifft das zu 100% zu. Das Ziel und die strategische Ausrichtung hat sich definitiv nicht verschoben. Unsere Eckpfeiler (ob Club, Badebetrieb, Artspace oder Kitchen) sprechen teilweise bewusst unterschiedliche Zielgruppen an und das ist gut so. Wenn „Kreative Klasse“ die Freigeister und Querdenker beschreibt, dann sind wir definitiv am richtigen Weg. Der obere Stock ist an die Universität für Bildende Kunst vermietet.

Natürlich spielt die Art der Veranstaltung diesbezüglich immer eine große Rolle. Bei einem klassischen House- oder Technoevent am Wochenende tummeln sich nicht so viele kreative Köpfe wie bei einer Feier der Angewandten oder der Modeschule. Dennoch freut es uns zu sehen, dass auch viele unserer Veranstalter immer mehr Anteil nehmen und Kunstprojekte jeglicher Art in Ihren Abend integrieren.

Ein steigender Bekanntheitsgrad bringt unweigerlich auch eine erweiterte Zielgruppe bis hin zum Mainstream mit sich und es ist nicht immer einfach diesen Drahtseilakt zwischen Underground und Kommerz gekonnt zu bewältigen. Wie schon oben erläutert konzentrieren wir uns derzeit hauptsächlich auf den Club. Ein bisschen Zeit haben wir ja noch… und es geht gerade erst los!

Das Interview kurz vor der Eröffnung: schrebergarten-deluxe

Fotos vor der Eröffnung: https://thegap.atnews/artikel/kunst-und-schwitzkultur

www.pratersauna.tv

PRATER UNSER

08. Juli – 11. Juli 2010

Pratersauna, Planetarium, Fluc + Prater

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www.praterunser.at

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