Der Club mit den netten Türstehern

Ein Club, der eigentlich kein Club ist. Türsteher, die eigentlich keine Türsteher sind. Die Bookings, die eigentlich nie stattfinden würden. Wir haben uns mit Tobi vom Celeste für ein längst überfälliges Interview getroffen.

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Ins Celeste geht man, wenn man keine Lust auf die Hektik und Anonymität der großen Clubs hat. Das wirklich Besondere an der etwas größeren Wohnung mit Dancefloor und zwei Bars ist, dass sie eben nicht nur eine bloße Alternative ist. Die musikalische Vielfalt ist erstaunlich. Das Rezept nicht klar. Das ist hier eine Stärke.

Das Lokal auf der Hamburger Straße gibt es schon länger. Damals noch locker betrieben, hat man sich eher nur hinverirrt. Die legendären Jazz-Sessions gab es da schon und erfreuen sich auch heute großer Beliebtheit. Seit zweieinhalb Jahren haben Tobias Kovar und Hjalmar Al-Serori das Tagesgeschäft fest im Griff. Es gibt ein monatliches Programm, es gibt fixe Crews und Veranstaltungen. Und es gibt einen Hausdrink: den Habibi.

Der Betrieb hat sich mit der Zeit professionalisiert, der gemütliche Charme ist jedoch unverändert. Wie dieser Spagat bewältigt wird, haben wir mit Tobias aka Rum Tum Tobsen aka Togo Tobsen beredet.

Ihr wurdet oft am Jahresende genannt, als es um die besten Wiener Locations ging. Alle, die einen Trend zu kleinen Locations orten, haben euch hervorgehoben. Bekommt man da einen Erwartungsdruck?

Nein. Abgesehen davon, dass es gar nicht so viele kleine Locations in Wien gibt und wir es zugegebenermaßen in vielen Bereichen relativ einfach haben, glaube ich, dass unser Konzept relativ schlüssig ist. Ich sehe ganz grundsätzlich in den letzten zehn Jahren einen Trend dazu, dass Clubs sich sehr viel professioneller aufstellen. Auch dadurch, dass sehr viele große Clubs aufgesperrt haben. Das war, glaube ich, ein Anliegen der Wiener, dass sie aus diesem Provinz-Ding herauskommen und nach internationalem Vorbild versuchen, etwas Professionelleres zu machen. Und das machen wir halt nicht.

Ich glaube, dass das auch halbwegs sympathisch ist und es für viele ein Fehler war, es so groß anzugehen. Wir sind sehr flexibel und können auf Fehler, oder Bedürfnisse, die sich ergeben, reagieren. Ab einer bestimmten Größe ist das nicht mehr so einfach möglich.

Deshalb meine ich, dass wir es relativ einfach haben. Wir können uns sympathische Türsteher leisten, weil sie sich einfach nicht prügeln müssen. Die Situation gibt es bei uns nicht. Wir investieren nicht wahnsinnig und hängen nicht mit dem Geld nach. Wir schauen erst, dass das Geld rein kommt und investieren dann. Wir machen eher Aufbauarbeit, als das wir groß beginnen. Das ist ein komplett anderes Konzept. Andere investieren groß und müssen dann die Fehler, die sie bei der großen Investition machen, nachher von hinten aufrollen.

Ihr schwimmt also gegen den Trend?

Wir schwimmen nicht gegen den Trend, es ist einfach nur eine andere Herangehensweise. In den letzten Jahren haben sehr viele kleine Clubs geschlossen und viele große Clubs aufgesperrt. Vor zehn oder fünfzehn Jahren gab es weiß Gott wie viele kleine Clubs. Einige von ihnen sind gewachsen – wie das Fluc oder gefühlsmäßig auch das Werk. Die Camera hat geschlossen, das Roxy hat zwischenzeitlich zu gehabt und ist jetzt auch nicht wirklich da. Das Market hat geschlossen. Früher gab es noch das Cabaret Renz. Es gab viel mehr so kleine Läden. Die haben alle in den letzten Jahren geschlossen.

Ich persönlich habe mich immer in kleineren Läden viel wohler gefühlt. Es würde bei uns nie die Bestrebung gegeben die Wand zwischen Floor und Weinbar niederzureissen, um es größer zu machen. Damit würde eine gewisses Gefühl verloren gehen. Dadurch, dass es so verschachtelt ist, kannst du einerseits viele Leute unterbringen, andererseits hast du mit wenigen Leuten schon das Gefühl, dass es wohlig ist. Ich glaube nicht, dass es ein gegen-den-Trend-schwimmen ist, sondern eine Alternative.

Bei unserem letzten Interview vor zweieinhalb Jahren wart ihr auch schon schwer einordenbar, ob Club-, Konzert-Location oder Jazz-Kantine.

Wir wollten das Programm damals noch viel breiter aufstellen. Wir wollten Lesungen, Diskussionen und mehr Klein-Konzerte. Das Problem ist, dass das Multifunktionale in der Wahrnehmung der Leute nicht funktioniert. Das ist auch ein Problem, das ich für viele sehe. Ich kann mir zum Beispiel auch nicht vorstellen, dass etwas als Club und Restaurant ebenbürtig in Österreich funktionieren kann. Du kannst zwei komplett unterschiedliche Zielgruppen schaffen, dann musst du es auch räumlich so trennen, dass das Publikum nicht aneinander stößt. Damit hast du dann aber schon wieder zwei Lokale.

Ich glaube in Wien ist es momentan nicht so, dass die Leute dort, wo sie tanzen gehen, auch etwas essen wollen. Das sehen wir auch im Garten. Sehr viele Leute wissen nicht, dass wir sehr viele Konzerte im Keller haben. Die Leute im Keller wissen wiederum nicht, wenn irgendetwas oben ist. Auch wenn es eine kleine Schnittmenge gibt. Es gibt immer wieder Ansätze zu Lesungen und Film-Screenings, aber es ist weniger als wir uns erhofft haben.

Versucht ihr unterschiedliche Leute anzusprechen?

Nein, gar nicht. Wir haben uns das so nie überlegt. Ich gehe davon aus, dass es einen roten Faden gibt, was eine gewisse Ästhetik oder Qualität betrifft. Die Leute müssen auch halbwegs offen sein, um hier regelmäßig herzukommen. Es gibt mittlerweile relativ viel Laufkundschaft. Es braucht eine bestimmte Offenheit. Wenn du das auch forcierst, lassen sich die Leute auch darauf ein.

Wie würdest du die letzten zweieinhalb Jahre beschreiben? Was waren die großen Entwicklungsschritte?

Der größte Entwicklungsschritt für uns ist, dass wir besser wissen, was wir machen und dadurch sehr viel Stress entfällt. Niemand von uns ist aus der Gastronomie, wir sind ein unglaublich junges Team. Ich bin mit 28, glaube ich, der Älteste. Jede Woche und jedes Monat lernt man neue Sachen. Am Anfang wird man panisch und irgendwann lernt man mit Sachen besser umzugehen. Wir sind alle viel ruhiger geworden. Wir kommen mit unterschiedlichen Situation besser zurande.

Sonst ist nicht wirklich eine klare Entwicklung ersichtlich. Es hat eine Zeit gebraucht, bis eine breite Akzeptanz da war. Wir haben nie wirklich Werbung gemacht. Wir wollten nie in irgendwelche Touristenführer hineinkommen. Wenn wir das Wombats-Publikum hätten, wäre es hier nicht mehr so gemütlich. Exzess ist gut, aber bis zu einem gewissen Maß. Wenn es nur darum geht, dass man Scheiße baut, oder kein gegenseitiger Respekt da ist, ist der Spaß vorbei.

Wir sind regelmäßig gut ausgelastet. Interessant ist, dass die Donnerstage nicht mehr so gut funktionieren. Das Fortgehverhalten der Wiener scheint sich zu ändern. Als der Salon 2000 wöchentlich stattfand, hatten wir jeden Donnerstag den Club voll.

Was gibt die Anlage her, was nicht?

Die Anlage gibt her, was sie darf. Sie könnte theoretisch viel lauter spielen, es gibt aber Auflagen vom Magistrat, die eingehalten werden müssen. Wir setzen immer wieder Schritte, um diese Auflagen zu lockern. Früher oder später werden die auch gelockert werden. Wann das passiert hängt nicht an uns. Wir befinden uns aber auch in einem Wohngebiet. Wir haben einen Lärmschutzbeauftragten, der ein physikalisches Modell vom Gebäude erstellt und uns sagt, welche Schritte einzuleiten sind. Dann gibt es aber noch das Problem, dass wir momentan nicht umbauen dürfen. Wir müssen immer auf den endgültigen Bescheid warten.

Wie oft warst du auf Urlaub, seit du das machst?

Im ersten Jahr war ich so gut wie gar nicht. Es ist im Moment aber gar nicht so schlimm. Wir hatten zu Weihnachten zwei Wochen zu, wir hatten im Sommer drei Wochen zu. Ich mache das mit dem Hjalmar zu zweit. Dann gehen wir einfach abwechselnd auf Urlaub.

Bist du trotzdem im Urlaub angerufen worden?

Ständig. Die Kompetenzen sind zwischen Hjalmar und mir aufgeteilt. Bestimmte Sachen macht er, bestimmte Sachen mache ich, das geht nicht anders.

Weiter zu Drum’n’Bass, Monopole und bei welchen Veranstaltungen Tobi selbst nicht im Celeste sein will.

Bild(er) © 1-4: Lomography, 5 & 7: Celeste, 6: Lisa Grübl
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