departure Interviews, Pt.4: wavesnet

Die Musik ist im Umbruch. Das wavesnet stellt sich mit einer europäischen Vernetzungsplattform und einem Tool zur Organisation von mittleren bis großen Events auf die Veränderung ein. Das Projekt erhielt von departure eine Förderzusage.

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Hinter dem wavesnet stehen die Macher des Waves Vienna Festivals, das 2011 erstmals stattfand. Einige zentrale Ansätze des Festivals werden mit dieser Plattform weitergedacht. Denn ein Festival mit dem Schwerpunkt West-Ost-Vernetzung schreit förmlich nach einfachen Standards für Austausch und Vernetzung. Wenn eine Band aus Serbien oder ein Partnerfestival beim wavesnet mitmachen, sollen sie etwas Erwartbares dafür bekommen. Bands aus Westeuropa berichten umgekehrt von beeindruckenden Live-Erfahrungen beim Touren, aber fehlenden Strukturen in Osteuropa. wavesnet will diesen gegenseitigen Kulturtransfer auf eine regelmäßige und planbare Basis stellen. Denn obwohl der Eiserne Vorhang schon mehr als zwanzig Jahre gefallen ist, sind Tourstopps in Budapest, Warschau und Bukarest in den Kalendern großer Bands noch exotische Ausnahmen. Davon sollen mittelfristig dann auch Musiker und Künstler aus Österreich etwas haben – so zumindest die Vorstellung der Projektmacher des wavesnet.

Wir haben Festivaldirektor Thomas Heher zum Launch von wavesnet befragt.

wavesnet ist ein Projekt der Monopol Medien GmbH, die auch Eigentümerin von The Gap ist.

Was ist an wavesnet neu? Gibt es nicht schon genug Konferenzen und Club- oder Showcase-Festivals in ganz Europa?

wavesnet an sich ist ein Zusammenschluss von Partnerunternehmen oder -institutionen in Märkten mit ähnlicher Größe wie etwa Slowenien, Dänemark, Belgien oder eben Österreich. Das Netzwerk soll dazu dienen, Acts die Chance zu geben, sich in diesen Märkten zu etablieren, erste internationale Erfahrungen zu sammeln, um sich in weiterer Folge dementsprechend vorbereitet in größeren Märkten zu versuchen. Zudem sollen natürlich diese Kooperationen den Partnern bei der Umsetzung ihrer Projekte, seien es nun Clubshows oder eben auch Festivals, helfen, über das Netzwerk einen besseren Zugang zu den Booking-Agenturen zu bekommen und vom Know-How der Partner profitieren.

Habt ihr eine Wettbewerbs-, SWOT– und Branchenstruktur-Analyse gemacht? Inwiefern unterscheidet sich die Software des wavesnet von ähnlichen Dienstleistern, was spricht für euer System?

Natürlich haben wir vor allem eine Markt- und Konkurrenzanalyse durchgeführt und dabei erhoben, dass Software, die derzeit am Markt angeboten wird vor allem den Nachteil hat, dass Lösungen immer sehr stark an Kunden angepasst werden müssen, was auch dementsprechend hohe Initialkosten nach sich zieht. Wir bieten hingegen ein kostengünstiges Startmodell an, das mit niedrigen Servicecharges von uns auch ständig weiterentwickelt wird. Dass die Software webbasiert ist und von uns im Zuge der Produktion des Waves Vienna Festivals entwickelt und deshalb sehr nah an der Realität konzipiert wurde, sind darüber hinaus Vorteile, die unseres Wissens nach sehr selten bei anderen Produkten zu finden sind.

Worauf wird euer Fokus in den ersten beiden Jahren liegen und wie wird er sich danach verschieben? Habt ihr Meilensteine definiert? Darf man die erfahren?

In den ersten beiden Jahres des wavesnet widmen wir uns dem Aufbau des Netzwerks und des Künstleraustauschprogramms. Sobald das Netzwerk ausgereift besteht, werden wir die Kooperationen hinsichtlich gemeinsamer Veranstaltungsreihen vertiefen und das Netzwerk auch sukzessive in kleinen Schritten erweitern.

Wie wird so ein Netzwerk aussehen? Gibt es dafür ein Online-Verwaltungstool, regelmäßige Koordinations-Treffen, Kontaktlisten, etc? Wie sorgt ihr dafür, dass die Pflege des Netzwerks nicht zu zeitintensiv wird?

Das Tool dafür wird ein Teil der wavesnet-Software sein, die jedoch keine komplexen Vorgänge abbildet, sondern vielmehr dem Informationsaustausch unter den Mitgliedern, aber auch als Plattform für Künstler, Partner und schließlich auch Besucher dienen soll. Es sind zwar regelmäßige Treffen geplant, jedoch nur einmal pro Jahr eine Art Vollversammlung, die im Rahmen des Waves Vienna stattfinden wird.

Was kann die Datenbanklösung? Warum sollte man sich das Organisationstool leisten?

Die Software ermöglicht es jedwede Multivenue-Veranstaltung, ob es nun ein Clubfestival, ein Grätzlfest, ein Zusammenschluss verschiedener Venues, effizienter abzuwickeln. Dabei können alle produktions- und werberelevanten Informationen in der Software hinterlegt werden. Vom Künstlervertrag, über Infos zur Anreise, Hotels bis zu Infos zu den Venues, Artists, Flyermengen für Partner oder das Programm sind alle Informationen logisch verknüpft jederzeit und überall abrufbar. Über hinterlegte Templates kann eine Website oder ein Programmheft über Knopfdruck in wenigen Augenblicken ausgespielt werden.

Ihr wollt mit dem wavesnet eine Vernetzungsplattform bieten, zu welchen Veranstaltern habt ihr bereits gute Kontakte?

Wir haben mit dem Festival schon einige Partnerveranstalter wie etwa dem Exit Festival in Novi Sad (RS), dem Tauron in Katowice (PL) oder auch dem Wilsonic in Bratislava (SK) gefunden, die aber nicht alle auch für wavesnet in Frage kommen. Darüber hinaus haben wir auch einige Kooperationen mit Musikinformationszentren, Musikexportorganisationen oder Clubs im Aufbau.

Und gibt es beim Booking tatsächlich genügend Skaleneffekte bzw. können Veranstalter in Osteuropa überhaupt Gagen bieten, bei denen Touren und Koop-Gigs für die Künstler interessant werden?


Die Skaleneffekte sind ein Nebeneffekt, hier geht es in erster Linie nicht darum einen besseren Preis in den Gagenvergandlungen zu erzielen, sondern überhaupt zu bestimmten Agenturen oder Acts Zugang zu erhalten. Derzeit ist zwar das Kaufkraftniveau in Osteuropa teils niedriger als in Westeuropa, aber aufgrund der niedrigeren Konzertdichte an sich kommen durchaus mehr Leute zu den Shows, was es den Promotoren in den meisten Fällen ermöglicht die Gagen zu stemmen.

Ist die Musikindustrie in Osteuropa wirklich schon etabliert genug um Bands in den Westen zu bringen? Es gibt zwar einige sehr etablierte Festivals, aber kaum Acts, die in Bordeaux oder Kopenhagen kleine Hallen ausverkaufen würden. Bedeutet das nicht sehr langwierige Aufbauarbeit? Habt ihr den langen Atem dafür?

Man darf nicht vergessen, dass der eiserne Vorhang genau zu der Zeit gefallen ist, wo die größten Veränderungen in der Musikbranche seit Jahrzehnten eingesetzt haben. Die Märkte waren über lange Zeit völlig abgeschottet und kommen nach der Öffnung direkt in diesen Strudel. Das bedarf natürlich einer extra Portion Geduld bis sich die Märkte, die sozusagen zwei totale Umkrempelungen innerhalb kürzester Zeit durchleben mussten, erholen können und vom Niveau auch nur halbwegs angleichen. Aber das Potenzial, das hier drinnen steckt, ist unglaublich und Kontakte und Strukturen jetzt zu festigen verspricht auch eine gute Position in der Zukunft. Man kann es also als Investition sehen. Den langen Atem werden wir aufbringen, schließlich ist es ja nicht so, dass wir uns hier nur auf Osteuropa konzentrieren. Es geht uns um den Austausch, das Vernetzen und das eben zwischen und in Osteuropa genauso wie in Westeuropa.

wavesnet soll kleinere Musikmärkte stärken, wie soll dieser hehre Vorsatz angegangen werden?

Wir wollen uns bei der Partnerakquise auf diese Märkte konzentrieren und eben diese auch vernetzen. Es sollen durch verstärkten Informationsaustausch und dem Künstleraustauschprogramm ein Netzwerk gebildet werden, wo Unternehmen und Künstler, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben und sich so gegenseitig unterstützen und gemeinsam neue Märkte erschließen.

Woraus ergeben sich aus dem wavesnet Synergien für Wien und die Kreativen?

Im Zuge des wavesnet werden wir auch mit Partnern aus Österreich zusammen arbeiten und eben auch heimische Künstler mit einbinden.

Heißt das über das wavesnet werden langfristig Musiker aus Österreich regelmäßig auf Partnerfestivals spielen und sogar von Edinburgh bis Sofia leichter Tourpläne machen können?

Das ist zumindest der Ansatz.

Was ermöglicht euch die Förderung von departure, was ohne diese nicht realisierbar wäre? Und wofür verwendet ihr diese genau?

Einerseits verlangt der Aufbau des wavesnet Investionen und Zeit, die ohne die Förderung nicht möglich wären, auf der anderen Seite verschlingt die Entwicklung der Software so viele Ressourcen, dass es ohne Unterstützung nicht möglich gewesen wäre sie in absehbarer Zeit in ein verkaufsfähiges Stadium zu bringen.

Wenn in fünf Jahren kein Förderung von departure mehr fließt, wie genau werdet ihr euer Geld verdienen?

Das wavesnet selbst wird sich durch Sponsoren und Mitgliedsbeiträge erhalten, aber auch als Kontaktplattform für den Vertrieb der Software dienen, die mit Verkauf, Betrieb und Lizenzierungen für Umsatz sorgen wird.

Einreicher: Monopol Medien GmbH

Projekt: wavesnet – European Music Network

Programm: focus Musik 2011

Programmlinie: departure focus

Schwerpunkt: Musik

Förderquote: 57%

Gesamtfördersumme: EUR 86.576

departure fördert den Aufbau des Netzwerks, die Entwicklung der Software und erste Marketingaktivitäten.

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