Zuckerpop & Peitsche

Katy Perry präsentierte ihren Prismatic Tourstop in der Wiener Stadthalle mit so viel Pomp und Bombast, dass unserem Fotograf Patrick Münnich und Redakteur Kevin Reiterer zeitweise der Kopf rauchte und es nicht selten zu einem fragenden "whaaat?" kam.

Das Opening des Abends besorgte Charli-„Break-The-Rules“-XCX über und es ist einiges passiert, seit ihrer letzten Wien-(Support-)Show. Da waren bunte Verstärker-Leuchtwände genauso richtig am Platz wie ein übergroßer „Sucker“-Lolly. Ms. Aitchison entwickelt sich stufenweise aber konstant vom holprig-über-die-Bühne-wackeldem-Teen zu einer recht ansehnlichen Popfigur, bei der nicht nur die Moves sitzen, sondern auch die Interaktion mit dem Publikum stimmt.

Als dann Katy Perry die Wiener Stadthalle erstmals zum aufjohlen bringt, merkt man trotzdem deutlich, wie viele Levels zwischen den beiden liegen. Keine vier Wochen ist es her, dass Perry in der Super-Bowl-Halftime-Show in Glendale ihren Erste-Liga-Popstar-Status unterstrich. Die schlechte Nachricht vorweg, die berühmt gewordenen, tanzenden Haie sind nicht mit von der Partie.

Prismatic: ON.

Umringt von futuristischen Space-Maya-Aqua-Kriegern stieg sie aus dem namensgebenden Prism – mehr Lichterketten als die überladenste X-Mas-Beleuchtung der USA glitzerten auf der Bühne. Erstes Mal Peitsche auspacken, "Roar". Wenig Zeit, schnell geht’s nach dem ersten Mal umziehen via Stargate nach Ägypten zu Cleopatra, wieder mit Peitsche und einer Horde wildgewordener Boobs’n’Bootie-Mumien. Ergibt wenig Sinn? Vielleicht. Eher nein, wenn "I Kissed A Girl" im Inneren einer Pyramide spielt. Aber da die Gitarren mittlerweile Feuer spucken, eh wurscht. Mit einem trashig-animierten Katzenvideo wird die nächste Verwandlung zu Kitty Purry eingeleitet, kurz mal bei „Catier“ shoppen, dazwischen mit Sardinen- und Tuna-Dosen tanzen und die fiese Ratte besiegen. Huch, Kopf raucht, Halbzeit.

Perry möchte nicht unerwähnt lassen „that I got now rainbow hair, bitches“, nur um nachzuschießen: „bitches means really good friends, you know“. Achja, doch einige Kinder im Publikum. Generell erinnert sie bei vielen Ansagen eher an eine mit Steroiden vollgepumpte Bootcamp-Trainerin, als an das nette Mädchen von nebenan. Passt aber auch zur Show.

Der aufblasbare Scheisshaufen-Emoji

Nach einer kurzen Verschnaufpause mit eher langatmigen Acoustic-Versionen im Blumen- und Schmetterlingsland wird die Drehzahl noch einmal deutlich hinaufgeschraubt. Die „Dance Cam“ wird eingeschalten und zeigt, nunja, tanzende Menschen. Dazu droppt der DJ einen 90ies-Dance-Megamix – „Everybody Dance Now“, „Pump Up The Jam“ und Michael Mind Project. Gib eam. Gleichzeitig fliegen der Scheisshaufen-Emoji und ein Champagner-Emoji in überdimensionaler Größe als Ballon durch die Halle, währendessen am Screen ein ganzes Video daraus gebastelt wird. Wie gut das funktioniert, wissen wir seit „Roar“. Puh, jetzt irgendwie doch zu viel Internet, Rave und Noise auf einmal.

Pop-Klapse mit Feuerwerk

Anschließend geht sie freiwillig in die Klapse, um sich in einer "Ich-hab-mich-lieb-Weste" zu einem Brostep-Tune im Schwarzlicht mit Farbe bekleckern lassen. Vielleicht merkt man hier das erste Mal, dass die Show doch schon einige Zeit um die Welt tuckert. Das Schlussdrittel bricht an, Motto: Hits Hits Hits. „Teenage Dream“ und „California Gurls“ gibt’s schließlich auch noch. Kurz noch einen Fan-Geburtstag zelebrieren. Das arme Mädl ist – verständlicherweise – in Schockstarre bei all dem Bombast. Dann der Abschluss, „ Prism Vision“, 3D-Brille aufsetzen, woah! Lasers überall! Und "Fireworks" natürlich. Indoor-Pyro war seit Rammstein nicht so beeindruckend zu erleben. Kopf brennt, Halle auch, nichts wie heim.

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