Wenn Synthesizer sich wie Lebewesen benehmen

Haben Modern Talking sich jetzt wieder vereint und ein neues Album herausgebracht oder ist das Culture Club? Nein, da kommen Mando Diao auf einer Neonlichter-80er-Jahre-Trash-Welle angespült. Grund genug sich einmal mit Sänger Björn zu unterhalten.

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Euer neues Album hört sich nicht so sehr nach euren alten Sachen an. Eher mehr nach 80er-Jahren. Geht das überhaupt, etwas komplett Neues zu schaffen oder muss man immer auf etwas schon Dagewesenes zurückgreifen?

Wir hatten nie das Ziel innovativ in diesem Sinne zu sein. Unser Ziel war es, unsere eigene Musik zu machen und unseren eigenen Stil zu finden. Und wir haben ein großes Spektrum an Dingen, die uns beeinflussen: Musik, die wir hören und Filme, die wir gesehen haben, Orte, die wir bereist haben. "Aelita" ist einfach eine große Mischung von all dem.

Ich kann verstehen, warum Menschen glauben, dass es sehr viel von den 80ern hat, vor allem "Black Saturday". Aber da ist sehr viel mehr drinnen. Die Technik, die wir genutzt haben: da war viel analoges Zeug drin. Ein Synthesizer hat den ganzen Prozess für uns gestartet, wir haben ihn in einem Secondhand-Shop in Stockholm gefunden, in der Nähe von unserem Studio. Wir haben ihn gekauft und versucht ihn zu spielen, aber er hat nicht funktioniert. Nach 10 Minuten, in denen das Gerät einfach nichts tat, wir sind auf einen Kaffee gegangen und dann begann der Synthesizer sein eigenes Leben zu leben und einfach zu spielen, ohne dass wir irgendetwas taten. Er machte alle möglichen Geräusche, als würde er sich aufwärmen oder so. Er benahm sich wie ein Lebewesen und da begannen wir herum zu philosophieren. Wir sahen dann plötzlich all unsere Instrumente als Lebewesen an – das hat uns sehr inspiriert.

Mit eurem neuen Album habt ihr auch ein ganz neues Konzept entwickelt. Wie bringt ihr das Konzept auf die Bühne?

Das versuchen wir gerade herauszufinden. Wir experimentieren da noch herum. Diesen Sommer werden wir noch nicht diese virtual reality show haben, an der wir gerade tüfteln. Darin soll man dann herumschwimmen und -gehen können, in dieser ganz anderen komplett bunten Welt. Es gibt eine Firma in Schweden, die daran arbeitet. Man kann man dann echt darin herumgehen: 360° nur diese andere Welt – wir haben das jetzt ausprobiert und es war Wahnsinn! Und das wollen wir für unsere Show.

Das soll so eine Art Ausstellung werden, wo man unsere Musik hört, während man in dieser komplett anderen Welt ist. Aber das ist unmöglich im Freien auf Festivals. Also arbeiten wir gerade an einer einfacheren Bühnenshow, jetzt für den Sommer. Und wir werden auch nicht nur Songs von "Aelita" spielen. Also machen wir die neue Show dann ab Herbst.

Es ist super auf Festivals zu spielen, da herrscht immer so ein Gemeinschaftsgefühl, man verbindet sich irgendwie besser mit seinem Publikum. Das ist der einzige Grund, warum wir auf Festivals spielen – außer vielleicht ein bisschen wegen dem Geld. Aber Indoors zu spielen ist irgendwie sehr viel kreativer, da kann man solche Shows machen.

Eure Musikvideos fürs neue Album wurden alle von Tim Erem gemacht – was darf man erwarten? Reiten am Strand? Tanzen und Fahnenschwenken in der Wüste?

Wir haben drei Videos in Japan gedreht. Eins, zu "Black Saturday", mit diesen Dekotora Trucks, die sehen wie Transformers aus, mit ganz vielen Neonlichtern, die arbeiten an diesen Trucks wirklich jahrelang, damit die so aussehen und wir waren einfach echt beeindruckt. Tim ist ein ziemlicher Mangafan und er hat uns einfach erzählt: „Ich würde gern nach Japan fliegen und dort die Dekotora-Trucks filmen und dann möchte ich noch in ein Roboter-Restaurant gehen und dort filmen, was haltet ihr davon?“

Und das war immer etwas, das wir mochten, wir mögen die Videospiele aus Japan, wir mögen die Technologie, wir mögen die Farben, das hat uns sehr inspiriert. All diese Neonfarben, die man so in Asien findet, inspirieren uns sehr. Und wir fügten das alles in so ein Konzept zusammen und da führt dann immer eine Idee zur nächsten, das hat schon sehr Spaß gemacht. Also haben wir jetzt ein Dekotora-Truck-Video, ein Roboterrestaurant-Video und ein drittes ist mehr so Dogma-style-Japan. Also da zieht sich so ein Asienthema durch unser Album.

Das Infruset-Album sollt ihr ja in fünf Tagen aufgenommen haben. Ziemlich schnell. Wie lange habt ihr für dieses Album gebraucht?

Hm, das ist schwer zu sagen. Einige Lieder wurden vor zwei Jahren geschrieben, einige vor einem halben Jahr. Für dieses Album hatten wir nicht wirklich eine Sektion, wo wir alles aufgenommen haben. Das waren hauptsächlich Gustafs und meine Demos, die wir auf Laptops machten und dann haben wir alles dazu gefügt, was wir so dazu fügen wollten: Gitarren, Pianos, digitale und analoge Instrumente, alles. Es war irgendwie wie ein Puzzle, hat über ein Jahr gedauert.

Bild(er) © Robert Bendrik Ossian Melin, Fredrik Skogkvist
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