Was wir hier machen, ist nicht so professionell

Der Nino aus Wien und Sir Tralala sind auf Wirtshaus-Tour – der erste Halt ist beim 3er Wirten in Zwerndorf, einem 400-Seelen-Kaff in Niederösterreich.

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Auch wenn’s ähnlich klingt, Zwerndorf ist nicht Zwentendorf. Letzteres hat ein Atomkraftwerk, ersteres den 3er-Wirten. Eine urige Hütte in einem abgelegenen Erholungsgebiet mit Badeteichen, wo „zuagraste“ Zweitwohnsitzer ihre Sommerfrische genießen. Der Wirt, Pepi Helm, ist selbst Musiker und steht gerne auf der kleinen, aber feinen Bühne seines Gasthauses. Eine lange Liste an prominenten Gästen haben diese Holzbretter schon gesehen. Jüngst stand dort Jazz-Saxophonist Harry Sokal – einen Tag nachdem er im Wiener Gasometer eine Galavorstellung gegeben hatte. Ein idealer Ort also für Nino Mandl alias Der Nino aus Wien und David Hebenstreit, der als Sir Tralala nicht so bekannt ist, wie er sein sollte, um ihre „psychotherapeutische Wirtshaus-Tour“ zu starten.

Lou Reed verbietet alles

Man weiß nicht so recht, was man sich erwarten soll: Zwei österreichische Musik-Poeten in einer Gaststube, wo sich sonst „Bauern mit Migrationshintergrund zu Tode schnapsen“ – kann das funktionieren? Oder ist das „Perlen vor die Säue werfen“? Gut gefüllt ist die liebliche Gaststube, und während der lokale (und lokal ist hier wörtlich zu nehmen, Nici, die mit Sandro und zwei Gitarren rotzigen Folk zum besten gibt, ist eine waschechte Zwerndorferin) Support auf der Bühne ist, werden Nino und Sir Tralala nicht nur einmal gefragt, wie es zum ungewöhnlichen Gastspiel kam. Es war der Wagner Roli, der die beiden nach Zwerndorf lotste und sie wollten halt einmal die kleinen Bühnen des Landes beehren.

Und schon stehen sie auf der kleinen Bühne, die zwei Songwriter aus der großen Stadt und das rurale Publikum hängt an ihren Lippen. Mit Gitarre und Geige werden eigene Lieder gespielt, Nino covert Falco und Ambros, Sir Tralala Danzer, Waits und zwei Mal Lou Reed – obwohl er das nicht darf: „Der Lou Reed ist nämlich so grantig, der verbietet alles, auch wenn er schon tot ist“, berichtet der Mann mit der Stimme, die den Wirten nach dem Konzert an Antony von den Johnsons erinnern wird, von seinen Erfahrungen mit dem Anwalt des verstorbenen Altmeisters.

Eine Doppelconférence auf Valium

Zwischen den Songs sorgen wirre Gespräche zwischen den beiden verschrobenen Köpfen für Erheiterung, es ist wie eine Doppelconférence auf Valium. Nino wurde einmal von Bauern gejagt, Sir Tralala musste dafür vor einer Rockergang flüchten. Nino hat heute in Zwerndorf eine alte Schulkollegin getroffen, ihr widmet er ein Lied. Sir Tralala hat ein Kind, dem er politische Lieder („Andere hab‘ ich nicht“) zum Einschlafen vorsingt. Irgendwann ist dann Zugabe, irgendwie ist es Mitternacht geworden. Nino will schön langsam aufhören, das Publikum wünscht sich Lieder, die Sir Tralala fast alle spielen kann – manchmal liegt das Smartphone als Schummelzettel am Schoß. Texte werden vergessen.

Es gibt auch diese Momente peinlicher Stille, die man sich eigentlich in keinem Gespräch und schon gar nicht als so genannte Entertainer auf der Bühne wünscht. Hier ist es anders: Diese Momente werden ausgekostet, hinausgezögert, sozusagen „Antitainment“. „Was wir hier machen, ist nicht so professionell“, wird festgestellt – aber das macht nichts, es ist dafür schwer sympathisch. Und irgendwann macht dann jedes Wirtshaus ein bisserl zu …

Weitere Termine der Wirtshaustour von Der Nino aus Wien und Sir Tralala: 23.1. Wolfsberg, 24.1. Lienz, 29.1. Passau, 30.1. Feldkirch, 31.1. Innsbruck, 1.2. Bozen; danach folgt die Duo-Tour gemeinsam mit Raphael Sas: 19.2. St. Gallen, 20.2. Villingen Schwenningen, 21.2. Mainz, 22.2. Freiburg, 23.2. München, 24.2. Passau, 26.2. Frankfurt, 27.2. Düsseldorf, 28.2. Köln.

Einen Konzertbericht und Fotos vom Flexgig von Nino aus Wien mit Wanda gibt es hier.

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