Wut. Und Trauer.

Ein Albumtitel irgendwo zwischen gerecktem Mittelfinger, Faustschlag und dem ausgestrecktem Finger Gottes – und ein Album, das genauso so klingt. SMZ präsentieren sich und auf ihrem achten Release mit alten Tugenden und neuem Elan. Aggression und Wut treten Depression und Trauer gleichrangig gegenüber.

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“We live on the island called Montreal, and we make a lot of noise … because we love each other!” Gesprochen wird diese am Anfang des Albums platzierte Zeile von Ezra, dem vierjährigen Sohn der Bandmitglieder Jessica Moss und Efrim Menuck. Man kann sich eigentlich kein besseres Intro vorstellen, nicht weil Kinder sowieso süß sind, sondern weil es bereits pointiert zusammenfasst, was in den nächsten knapp fünfzig Minuten passieren wird.

„we live on the island called Montreal”

Selbst wenn Montreal geografisch korrekt nicht einmal eine Halbinsel ist, musikalisch ist es die Stadt mit dem Ausnahmelabel Constellation Records auf jeden Fall. Eine Insel der Seligen ist es aber genauso viel oder wenig, wie andere Metropolen auch. „Die Rolle von Kultur in Montreal unterscheidet sich vielleicht nicht so sehr von der in anderen westlichen Großstädten. In Punkto Widerstand war es dagegen immer ein Ort an dem es für die Menschen einfach war ihren Unmut über die Art und Weise, wie die Dinge laufen, auszudrücken“, sagt Efrim Menuck.

„we make a lot of noise“

Und ja, sie machen eine Menge Lärm. Seit den Anfängen ist der Sound mittlerweile rauer, gleichzeitig aber wärmer und emotional ambivalenter geworden. „Es gab dieses langsame hinstolpern zu diesem irgendwie verzerrten, freudvollen Lärm und es fühlt sich für mich so an, als wären wir diesbezüglich an einem guten Ort angekommen. Wir sind diesem Sound viele Jahre lang gefolgt und seit kurzem fühlt es sich so an als wären wir nahe dran ihn zu finden.“

“, 2010 – absetzt. Wie Menuck selbst andeutet, ist das Album persönlicher ausgefallen: “Bevor ich ein Kind hatte, war es sehr leicht für mich fatalistisch zu sein aber diese Verzweiflung ist nun Wut gewichen. “What We Loved Was Not Enough” entstand aus dieser Position heraus – als ein Vater”, sagt Menuck. Das findet auch musikalisch seinen Widerhall. Das Album baut auf dem Vorgänger auf, ist aber Phasenweise heller und auch aggressiver. Das mit der dritten Platte proklamierte Credo „This Is Our Punk-Rock“ schimmert diesmal besonders strahlend durch die verzerrten Gitarrenwände, sozipolitischen Gewitterwolken und den erstickenden Nebel der Geworfenheit, der unser Leben oftmals einhüllt.

Endzeitverstimmung

Auf die Zeilen von Ezra im Opener „Fuck Off Get Free (For The Island Of Montreal)“ folgt nicht das typische, langsame Etablieren von Motiven, sondern ein direkter Einstieg der gesamten Band in einen überraschend selbstbewussten Track.

Die zentralen Motive des Albums sind Hoffnungslosigkeit und die politische Anleitung zu dieser, die unsere Welt als die einzig mögliche Alternative ausgibt. Besonders deutlich wird diese Überzeugung in dem vierzehnminütigen Stück mit dem politisch hellhörigen Titel „Austerity Blues“ .

Dazu mischt sich als weiteres Motiv die Überzeugung, dass die westliche Zivilisation drauf und dran ist sich zu zerstören: „There’ll be war in our cities / And riots at the mall / Blood on our doorsteps / And panics at the ball / All our cities gonna burn / All our bridges gonna snap / All our pennies gonna rot / Lightning roll across our tracks / All our children gonna die”, heißt es etwa in “What We Want Was Not Enough”. Nicht aber ohne vage versöhnlich zu schließen: “Tonight is yours, the lights are yours / If you’d just ask for more than poverty and war”.

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