So schön so schön

Wanda hatten mal wieder Heimspiel. Erstmals mit Bussi. Das Publikum gab es ihnen hundertfach zurück.

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Wann gibt dieser Körper nach und wann diese Stimme? Macht Marco Michael Wanda Yoga oder gibt es Menschen, die nur Wein, Sex und Fame im Leben brauchen? Fast keine österreichische Band hat im vergangenen Jahr so viel gesoffen und live gespielt wie Wanda. Sie waren vor einem Jahr schon so exzellent eingespielt, dass man während eines Konzerts vergisst, dass es ja auch Handwerk braucht, um diese Songs in so einer Eleganz und Selbstverständlichkeit zu spielen. Entsprechend kann man sich aufs Mitsingen konzentrieren. Da hat er also schon recht gehabt, Marco Michael Wanda, wenn er meint diesen Erfolg, das haben sie sich selbst aufgebaut und erspielt. Auch wenn er natürlich weiß, wie man Presse und Radio genau füttern muss. Da ist es nett, wenn das neue Major-Label Universal in ihrem Namen Schnaps und Stamperl zur CD mit der Post verschickt und Musikindustrie like its 1998 spielt, es ist halt auch herrlich unnötig. Denn diese Band performt aus einem Guss, der Chor ist immer am Punkt, die Atmosphäre dementsprechend schnell wie auf einem Festival. Selbst wenn die Arena Wien nach ihren Auftritten im Gasometer oder beim Donauinselfest fast klein wirkt. Immer wieder fängt das Publikum in den Songpausen an “1 2 3 4, es ist so schön bei dir” zu skandieren, während die Band ganz Popstars verblüfft zuschaut und mitmacht – wenn sie nicht gerade “A-moo-o-re” – “A-MOO-O-RE” auf Zuruf mit den Leuten spielen.

Sollen sie

Über die enorme Qualität der Performance muss man bei Wanda also kein Wort mehr verlieren. Zeit, Welt, Stern, Tagesspiegel berichten über das Album “Bussi” als gäbe es da für österreichische Bands keine Grenzen des Markts zu überwinden. Die Fragen nach Ronja von Rönne und den Sexismus nerven Marco Michael Wanda offenbar noch nicht und niemand scheint ihm tief genug in die Augen geschaut zu haben, wenn er meint er würde ihren Anti-Feminismus-Text gar nicht kennen. Von einem PR-Standpunkt aus wiederum – alles erreicht. Im Publikum sind dann auch diese Jungs, die das ganz geil finden wie Marco so einen Schiss auf die PC-Vorwürfe gibt, sie wegwischt und sich schon gar nicht in ein Eck mit Gabalier stellen lässt. Da steht ein Typ auf der Bühne, der mit den vier Wellen des Feminismus auskennt und mit Cultural Studies mitsamt ihrer Identitätspolitik aufgewachsen ist, der darauf seine eigene Kirche des Körpers und des Dursts baut. Er kann das Subtile und das Besoffene und die Sprachkunst gleichermaßen. Natürlich findet das nicht jeder gut. Aber mit dem Erfolg kommen natürlich auch die, die sich mit ihrer außergewöhnlichen Meinung zu dieser völlig erfolgreichen Band profilieren wollen. Sollen sie.

Alle da

Inzwischen singen Leute Mitte 50 bei “Bologna” mit, haben ihre beiden Hände in der Luft und tanzen dazu, als würde Mick Jagger selbst auf der Bühne stehen. Oder zu “Meine beiden Schwestern”, dieser verdammte Ohrwurm, dessen Refrain die Menschen schon mitsingen können bevor sie ihn überhaupt gehört haben. Das Publikum selbst könnte einen Werbespot für die SPÖ drehen. Sehr unterschiedliche Leute sind gekommen, Teens bis graue Haare, im Schnitt irgendwo in in den Dreißigern. Sogar diese aufgedunsenen Menschen von der möglicherweise Zeitung Österreich waren da.

Wanda wirken leichter, gelöster und lebenslustiger. Es ist so schön, so schön bei dir, die Straßen ziehen an uns vorbei, das wär so schön. Es gibt live keine Empfehlung zur Wahl zu gehen, keine Wort in Richtung Flüchtlinge, keine Politik. Der Band daraus einen Strick zu drehen und etwas von neuem Hedonismus zu schwafeln, wäre zu viel, denn der Absturz kann immer kommen. Immerhin stand hinter dem Schlagzeug eine mannshohe Statue aus Weinflaschen.

"Bussi" von Wanda erscheint heute vie Universal. Das zweite Konzert in der Arena am 2.Oktober ist ebenfalls ausverkauft. Karten für das Konzert in der Wiener Stadthalle sind noch zu haben.

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