Science-Fiction-Soundtrack, ganz ohne Film

Eigentlich ist es so naheliegend … und so verdammt offensichtlich: Science Fiction und elektronische Musik, die beiden Dinge passen doch hervorragend zusammen. Egal, ob Film oder Buch oder Musik, in jedem Fall wird ein Blick in ein mögliches Zukunftsszenario geworfen. Da passen schräg-verzerrte Maschinenklänge und piepende Klangmuster von Synthesizern, Sequenzern und Drumcomputern bestens dazu. Ein […]

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Eigentlich ist es so naheliegend … und so verdammt offensichtlich: Science Fiction und elektronische Musik, die beiden Dinge passen doch hervorragend zusammen. Egal, ob Film oder Buch oder Musik, in jedem Fall wird ein Blick in ein mögliches Zukunftsszenario geworfen. Da passen schräg-verzerrte Maschinenklänge und piepende Klangmuster von Synthesizern, Sequenzern und Drumcomputern bestens dazu. Ein gutes "historisches" Beispiel ist Vangelis, der in den frühen 1980er Jahren den Soundtrack zu Blade Runner geschrieben hat.

Und genau hier kommt King Britt mit seinem Projekt Fhloston Paradigm ins Spiel: Der Mann aus Philadelphia veröffentlicht einen äußerst interessanten Longplayer, der als Science-Fiction-Soundtrack zu verstehen ist. Film dazu gibt es keinen, aber das Feeling als Space Soundtrack passt trotzdem sehr gut. Denn Britt liefert mit "The Phoenix" eines der raren elektronischen Konzeptalben ab, das durch spacige Beats, analoge Synthesizer-Geschwader und sphärische Klänge charakterisiert ist und durch wirklich besonders feines Cover-Artwork hervorsticht. Übrigens manifestiert sich Britts Faible für Science-Fiction schon im Projektnamen Fhloston Paradigm, das eine Anspielung auf Fhloston Paradise ist – jenes Raumschiff, auf dem sich die Handlungen in Luc Bessons Film "Das fünfte Element" dramatisch zuspitzen.

Düster, technoid, aber auch "operoid"

Mit dem Phoenix-Album setzt der umtriebige King Britt dem Science-Fiction-Genre ein musikalisches Denkmal. Der Longplayer ist ein über weite Teile treibendes, wenn auch ziemlich düster gefärbtes Werk. Es agiert im weiten Klanguniversum zwischen Ambient, (Dub)-Techno und einer bislang unbekannten Musikform angesiedelt, bei der es um teils sphärische, teils opernhafte Gesänge geht, die mit einem Großaufgebot analoger Synthesizer in Dialog treten.

Britt unterstreicht mit dem fiktiven Soundtrack sein Talent für hypnotisierende Klangstrukturen und wandelt geschickt zwischen langsamen und schnelleren Tracks, zwischen helleren und sehr dunklen Stimmungen, wodurch viel Abwechslung entsteht, ohne dass der technoide Grundtenor des Albums verwässert wird. Die Tracks bauen sich geschickt auf, das jeweilige Thema wird opulent moduliert und variiert, sodass sich eine sehr intensive Stimmung entwickeln kann. Durch die Interludes, Science-Fiction-mäßig und schön konsequent mit "Portal 1" bis "Portal 4" benamst, tritt der Soundtrack-Charakter in den Vordergrund. Highlight ist der instrumentale Titeltrack mit seinen neun Minuten Spieldauer, bei dem eine ganze Armada an analogen Synths mit ihren Soundeffekten zum Einsatz kommt; bestens geeignet für jede Late Night Session!

Ein Veteran mit Stehvermögen

King Britt zählt in den USA zum Urgestein der elektronischen Musikwelt. Sein erster Release war laut Discogs 1996 eine 12" unter dem Namen Sylk 130, danach war und ist er unter vielen anderen Pseudonymen aktiv. Britt war auch mit Josh Wink Labelgründer von Ovum Recordings, einem um die Jahrtausendwende federführenden Label.

Britt gilt als detailbesessener Produzent und Remixer, der bei seiner Arbeit ein starkes Sendungsbewusstsein für die historischen Hintergründe entwickelt hat. Britt hat das neue Album auf dem englischen Label Hyperdub veröffentlicht, das heuer sein zehnjähriges Jubiläum mit einer ganzen Reihe an Compilations feiert. Neben Fhloston Paradigm hat Britt ein neues Labelprojekt aufgesetzt, das einen innovativen Ansatz verfolgt: Bei "The Buddy System Project" werden zuerst EPs nur digital veröffentlicht, und zwar ohne Angabe der Urheber bzw. Produzenten, die mit Britt zusammengearbeitet haben. Die EPs werden also einfach nur durchnumeriert. Erst auf einer später erscheinenden Vinylkollektion werden die Künstler namentlich angeführt.

"The Phoenix" von Fhloston Paradigm ist am 11. Juli via Hyperdub erschienen.

Bild(er) © Hyberdub, King Texas
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