Schwanengesang der Klaxons ganz in Weiß

Die einstige Über-Hype-Band der (englischen) Musikpresse gastierte mit neuem Album im Gepäck in der Wiener Arena – und bewies dort, dass sie nach drei Longplayern mittlerweile ausreichend Gassenhauer hat, um ein Konzert zum Hit-Feuerwerk werden zu lassen.

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Schon bei der Supportband Fenech Soler aus England war die – zugegeben durch Vorhänge vor den bequemen Stiegenaufgängen an der Rückseite des Saals zumindest optisch verkleinerte – große Halle des ehemaligen Wiener Schlachthofs gut gefüllt. Und mangels Sitzgelegenheiten musste sich das Wiener Publikum stehend und zumindest im Takt mitnickend oder -wippend eingestehen, dass die fünf in schickes schwarz gewandeten und gutaussehenden Briten eine ausgezeichnete Wahl als Anheizer für die Klaxons waren. Tanzbar, melodiös und eingängig bereiteten Fenech Soler die Arena-Besucher auf den Hauptact vor.

In Weiß auf Blau

Kurz nach den letzten Tönen der eröffnenden Band erstrahlte die Bühne dann bereits in hellem Weiß, ein gigantisches, psychedelisches Banner prangte im Hintergrund. Und die Klaxons, eine der vielen, vor einigen Jahren von der einschlägigen britischen Presse zum „Next Big Thing“ gehypten Bands, bestiegen die Bühne, passend in Weiß gekleidet, was sie ein bisschen so wie die Droogs aus Clockwork Orange aussehen ließ.

Die ersten Takte des frühen Hits „Atlantis to Interzone“ (oder „Atlantic to Interscope“, wie das Lied, so besagt es eine Anekdote, von vielen englischen Radiomachern fälschlicherweise benannt wurde) reichten dem Publikum, um den Funken überspringen zu lassen. Und in dieser Tonart sollte es weitergehen: Ein Gassenhauer folgte auf den nächsten, sodass man sich bereits beim siebenten Song „Golden Skans“, dem wohl bekanntesten Titel des Quartetts, Sorgen machte, ob die Londoner ihr Pulver nicht schon zu früh verschossen – taten sie nicht, die Pulverfässer waren nicht lange nicht leer.

Obwohl der moderne Klassiker „Gravitys Rainbow“ vom rekordbrechenden Debütalbum „Myths of the near Future“, „There is no other Time“ vom neuen Album „Love Frequency“, oder „Twin Flames“ von der zweiten LP „Surfing the Void“ die Menge bereits in der ersten Hälfte des regulären Sets ins Schwitzen gebracht hatten, war noch genug Munition vorhanden, um eine weitere Stunde ein Hit-Feuerwerk zu zünden, das keinen im Saal ruhig stehen ließ.

That’s why we call it "New Rave"

Der zweistimmige Falsett-Gesang von Bassist Jamie Reynolds und Keyboarder James Righton (das ist der Glückspilz, der Keira Knightley ehelichen durfte) sitzt wie ein maßgeschneiderter Anzug. Und Letzterer erinnert mit seinen teilweise hart am Eurodance der 90er vorbeischrammenden Keyboardsounds und -melodien daran, warum die Londoner Band einst das Trend-Fake-Genre „New Rave“ begründete.

Drummer George Latham und Gitarrist Simon Taylor-Davis ziehen derweil spielfreudig ihr Ding durch und versprühen dabei das genaue Gegenteil der britischen Coolness. Man merkt, dass auch die Band großen Spaß hat, was auch das Publikum entsprechend honoriert. Da sprangen sogar Mitt-Vierziger wie Flummis auf und ab, es wurde getanzt, Hände zum Himmel gereckt und gefeiert bis zum allerletzten Song.

Man vergisst oft, wie viele Titel der Band man kennt, bis man sich während der nächsten Nummer im Set dabei ertappt, wie man den Refrain mitsingt. „Two Receivers“, das mächtige „Atom to Atom“ und zum Abschluss vor der obligatorischen Zugabe noch „Echoes“ gaben der Crowd den Rest, die Klaxons fackelten gar nicht lange und hängten noch einmal vier Zugaben-Songs dran. Die letzten Akkorde der finalen Nummer mit dem nicht ganz passenden Titel „It’s not over yet“ klangen aus, zum allerletzten Mal, immerhin hatte die Band Anfang des Monats angekündigt keine Headliner-Show mehr zu spielen. Kein definitiver Split, aber wohl die letzte Möglichkeit für wirklich lange diese Band in Wien zu sehen. Das Publikum zappelte nach und verließ widerwillig und beglückt die Wiener Arena in Richtung kalter Erdberger Nachtluft. Man sieht sich in der Interzone.

Das dritte Album der Klaxons, "Love Frequency", erschien im Juni 2014 auf Sony Red.

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