Mit Warpaint über Sexismus reden…

… ist irgendwie fad. Wir haben es trotzdem gemacht und nebenbei über ihr kommendes Album. Warum das auch "Warpaint" heißt und was Kirchenettikette mit dem Musikbusiness zu tun haben, erklärte uns Drummerin Stella im Interview. Und Spoileralarm: Sie hat sogar "Vagina" gesagt.

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Sie sind zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die letzten Jahre haben bewiesen, dass Frauen scheinbar wieder in Bands spielen und nicht nur Songwriterinnenselbstreflexion betreiben. Mit dem selbstbetitelten Nachfolger zum Debüt bringen die vier Amerikanerinnen die zweite LP in ihrer bereits zehnjährigen Bandgeschichte heraus – mit „Love Is To Die“ als Vorgeschmack. Die Single klingt nicht nach Neuerfindung, die Melancholie gepaart mit Halleffekten und Chören passt jedoch nach wie vor zum – Achtung Unwort – Zeitgeist.

Letzte Woche haben wir mit L.A. telefoniert. Am anderen Ende des Hörers befand sich Stella Mozgawa, Drummerin der all-girl Postrock/Newwave Combo. Über das Wetter in L.A. wurde nicht geredet (15°, sonnig), sondern übers Niederknien in der Kirche, die Haarfarbe von John Mayer und die ersten puren, ungefärbten Reaktionen auf das Album.

Ihr habt ein neues selbstbetiteltes Album im Anschlag. Mein Ersteindruck war, dass es irgendwie gleich und doch anders klingt – wie wurden die Songs geschrieben?

Im Grunde gab es zwei Ansätze, wie wir die Songs geschrieben haben. Einerseits haben sich eine oder zwei von uns hingesetzt und an den Demos gearbeitet und die dann der Band gezeigt und anschließend modifiziert und an das Banduniversum angepasst. Der zweite Ansatz war, dass wir gemeinsam einen Monat nach Joshua Tree gefahren sind, wo wir viele der Songs für das Album geschrieben und teilweise auch aufgenommen haben.

Ihr habt also gezielt ein Jam-Session Umfeld gesucht?

Ja, wir sind ohne Erwartung und Druck von Außen dahingefahren und haben einfach gearbeitet, das war angenehm.

Ich hab ein wenig recherchiert und in den letzten Jahren sind ganze drei Alben mit dem Namen "Warpaint" erschienen. Ein selbstbetiteltes Album ist immer auch ein Statement, wieso gerade dieses jetzt?

Es war das erste Mal, dass wir ein Album zusammen gemacht haben zu viert. Ich bin ja erst 2009 dazugekommen und das neueste Bandmitglied und war bei den kreativen Schreibprozessen bisher nicht involviert. Das ist ein Album das uns repräsentiert, wie wir sind.

Das neue Album ist sehr atmosphärisch und weniger düster als sein Vorgänger

B: Das ist so interessant, denn jeder sagt etwas ganz anderes. Manche sagen es hat weniger Atmossphäre und konzentriert sich mehr auf die einzelnen Songs. Es ist spannend zu hören wie die Leute zum ersten Mal darauf reagieren.

Ich hab mich immer über euern Namen gewundert, ich meine wenn die Savages sich Warpaint nennen, würde das für mich eher passen. Warpaint (Kriegsbemalung) verbinde ich eher mit Aggression, Gewalt und martialischen Dingen, was auf eure Musik nicht wirklich zutrifft.

Leute denken oft es ist ein bewusstes "Hardcore" – Statement oder sowas, wegen dem "War". Aber es kann auch eine feierliche Bedeutung haben, wenn man den traditionellen Sinn sieht. Es ging nicht immer um Kriegsvorbereitung, es hat etwas Artistisches. Ich mag es, wenn Leute auf mich zu kommen und sagen: „Oh ich dachte ihr seid eine Metal-Band und nicht vier Mädchen die irgendein seltsames psychedelic Ding machen."

Ok ganz was anderes: Findest du es sexistisch, wenn du von nem Typen wie mir, Fragen über Frauen im Rockbusiness gestellt bekommst?

Dem Thema gänzlich entgehen zu wollen ist komisch und ne große Sache daraus zu machen auch, es ist so was wie "Oh John Mayer hat braunes Haar", du kannst es nicht abstreiten. Aber es ist nichts, über das man zwingend mit jedem reden muss. Die Frage "Hey ihr seid 4 Mädels, erzählt uns was drüber" hat keinen Tiefgang. Ja, wir haben eine Vagina, wir haben Brüste und wir machen Musik und einmal monatlich bekommen wir unsere Tage. Wie kann ich erklären wie sich das anfühlt, sich selbst zu sein? Ich weiß nicht, vielleicht würde es sich anders anfühlen, wenn ich ein Typ wär, vielleicht würde ich andere Entscheidungen treffen, aber schlussendlich denke ich, dass richtige Kunst über den Geschlechtern steht, über Sex.

Klassische Girl-Pop Sachen wie Lady Gaga oder Katy Perry waren nicht die großen Nummern heuer, aber weibliche Acts wie Sky Ferreira, Daughter, Haim oder Austra begegnen dir immer wieder in den Top Listen. Denkst es gibt da einen neuen Trend?

B: Ja, total! Da passiert etwas sehr Positives. Früher war das etwas Rares und man hat All-Girl-Bands und weibliche Künstlern ein gewisses Stigma angehaftet und sie dementsprechend in bestimmte Kategorien gesteckt. Je mehr sich das Verständnis der Leute öffnet, desto früher wird es egal sein ob Junge oder Mädchen. Es ist dann einfach nur ein Künstler.

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