ETF#10: Tu felix und der Rest der Welt

Kaffeesatzlesen aus den Byte-Trümmern der Zukunft. Electronic Task Force bringt News aus Techno, Bass, Beats, House und der elektronischen Avantgarde. Obacht!

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Die zehnte Kolumne. Grund zur Freude. Allemal. Gerne würden wir öfter und ausführlicher über die freshesten Beats, die vertracktesten Grooves und Basslawinen von Übersee berichten. Doch Zeit ist Mangelware und selbst das Trennen von Spreu und Weizen dauert. Qualität steht dabei immer im Vordergrund, auch mit Blick auf die heimischen Releases – Nation Branding und so. Und dann bekommt man so etwas zu lesen:

“Es riecht also alles ein bisschen nach Eigengefälligkeitsjournalismus und Freunderlwirtschaft. Wobei, was die High-End-Checker bei The Gap mit ihren hochtalentierten Elektro- und DJ-Wapplern hinkriegen, kann ich schon lange, vor allem aber zu meinem Gaudium, um ein Hauseck weniger subtil.“

So soll es sein und deswegen wird die Berichterstattung über die Releases aus der Alpenrepublik nicht aufhören. Im Gegenteil. Hier werden Schwerpunkte gesetzt ohne dabei den wichtigen Rest zu vergessen.

Tu felix austria

Es gab ja Zeiten, da ging relativ wenig mit der österreichischen Elektronik. Nachdem die so verächtlich benamste Fahrstuhlmusik vollständig im Keller stecken geblieben war, dauerte es eine ganze Weile bis die Bewohner zwischen Alpen und Donau zu sich kamen und von der Starre erholten. Das zeigt sich nun am immer konstanter werdenden Output. Eine neue Selbstsicherheit ruft Wien und Umland berechtigterweise aufs Tapet. Und nicht nur Nerds und Musikjournalisten freut das.

Der Große Sprung

Der noch recht unbekannte Phil Madeiski hat seine Debütplatte auf Leap Records releast. Drei Stücke mit über 25 Minuten Dauer. Die A-Seite mit “Plain Base“ übernimmt das Gros. Ein ultradeeper Groove aus einer magischen Mixtur bestehend aus einem galaktischen Pad, einer nach Gold schürfenden Bassline und einem Vocal, dass rauf- und runtergepitscht hypnotisch wirkt. Das Arrangement ist so ausgefuchst, dass man sich darin verkriechen will. Auf der B-Seite wartet mit “Trigger“ ein verträumtes Stück House, dass die Balance aus Schwerelosigkeit und Profanem perfekt hält. “Type 002“ träumt von einer eingerauchten Disco, die nie wieder runterkommen mag.

Deutlich bekannter ist Simon/off, der auf seinem Heimatstadt Label Disko 404 die “Take It Back EP“ releast. Der Titeltrack auf der A-Seite mit seinem großen 4/4 Groove, den beigemischten Cut-up Vocals und der sympathischen Bassline verzückt von Anfang bis Ende. Auf der Rückseite zieht Simon/off das Tempo an, lässt Toms, Hihats und Rim-Shots flirren. Dazwischen platziert er Synths, Vocals und Samples mir nichts, dir nichts aus dem Handgelenk geschüttelt, die perfekt sitzen wie Leggings. Der Remix dazu kommt von Bass Clef, der regelmäßigen Lesern dieser Kolumne ein Begriff sein sollte. Dieser zuzelt sich einzelne Samples und Vocals heraus und erklärt Grime zum King. Grandios.

Wer sich in Wien mit der Szene abseits von Afterhour, Exzessen und Wochenendbekanntschaften auskennt, weiß wer Klaus Benedek ist. Der DJ und Produzent ist ein Auskenner, ein Vinylpurist und einer, der wirklich hart arbeitet. Jedes Monat erscheint ein neuer Mix von ihm und seit gut zwei Jahren releast er stetig auf kleineren Digital-Labels. Nun erschien seine „Too High“ EP.


…und der Rest der Welt

Midnightshift feiert sein Label-Debüt. Dafür wurden Basic Soul Unit und Eddie Niguel eingeladen jeweils zwei Tracks abzuliefern. Und die zwei haben die Spendierhosen richtig an. Der aus Toronto stammende Basic Soul Unit versteht es die Rohheit des Techno mit dem Gefühl von House zu kombinieren. Das klingt dann wie Head High und Ame im selben Topf. Eddie Niguel schlägt in eine ähnliche Kerbe, klingt dabei aber eine Spur sanfter und fokussierter. Nach vorne wollen beide und das schaffen sie auch spielend.

Smallville wird langsam zur Großtstadt. Zumindest was den Output anbelangt. „Roaming“ nennt sich das neue Projekt von Moomin und Christopher Rau. Mit ihrer EP “Believe In Reflecting“ machen sie das was sie am besten können: Analogen Deephouse mit unerwartet guten Sampleideen. Den Remix zum Titelstück liefern Smallpeople. Die ziehen das Tempo an und verpassen dem Original ein unsichtbares Kettenhemd aus Bassfrequenzen.

Eure,

Elektronic Task Force

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