Crossover mit Pizza-Effekt

Crossover ist seit langem tot. Könnte man meinen. Kontrust veröffentlichen Anfang November ihr viertes Album. Darauf zu hören: Lupenreiner Crossover.

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Kontrust muss man nicht mögen. Musik ist schließlich Geschmackssache. Was man der Band aber nicht absprechen kann: Sie zieht ihr Ding durch. Und das in einer sehr professionellen Art und Weise. Vor allem in Sachen Sound stehen sie internationalen Produktionen um nichts nach. Das Ergebnis: Internationale Chartsplatzierungen, Millionen von Youtube-Klicks und Fesitvalauftritte vor 300.000 Zuschauern.

Im Mail-Interview spricht die Band über die Beständigkeit ihrer Stilrichtung, ihre größten Erfolge, warum sie die steirische Plattenfirma Napalm Records allen Majorlabels vorzieht und wie sie über Erfolge im Ausland auch in Österreich verstärkt Anerkennung findet.

The Gap: Anfang November erscheint mit "Explositive" euer viertes Album. Was erwartet ihr euch von diesem Album? Wird sich dadurch für die Band etwas ändern?

Kontrust: "Explositive" zeigt, was uns am meisten Spaß macht, nämlich live richtig Gas geben. Die Songs haben für unsere Liveshows geschrieben, ohne uns den Radiostationen anzubiedern. Insofern ist es ein sehr authentisches, direktes Kontrust-Album, so nah wie möglich an unserem Live-Sound und ohne große produktionstechnische Mätzchen. Live wird die Post also noch mehr abgehen. Jede/r muss klatschnass von einer Kontrust-Show nach Hause gehen.

Warum eigentlich "Explositive"?

Das Wort beschreibt unsere Band-Grundpfeiler: Explosive Live-Shows und großer Party-Faktor, dafür steht "positive".

Ihr veröffentlicht auf einem österreichischen Indie-Label. Welche Möglichkeiten hat Napalm Records, euch zu unterstützen?

Napalm Records ist ein zuverlässiger und professioneller Partner, der echtes Interesse an einer positiven Entwicklung von Kontrust hat. Bei Majorlabels vermisst man eine derartige Einstellung leider häufig. Wir behalten unsere künstlerischen und konzeptionellen Freiheiten und arbeiten mit Menschen zusammen, bei denen wir mit unseren Anliegen und Ideen auf offene Ohren stoßen. Schlussendlich ist uns wichtig, dass wir uns bei unserem Label wohl fühlen und ein gutes Klima der Zusammenarbeit besteht.

Stand nach den Charts-Erfolgen von "Second Hand Wonderland" nie ein Wechsel zu einem größeren Label zur Diskussion?

Auf die Größe kommt es nicht an. Napalm mag vergleichsweise klein sein, ist aber hervorragend aufgestellt. Wir erhielten zwar so manches Angebot, wollen jedoch unsere Selbstständigkeit und Unabhängigkeit bewahren. Unsere Partner müssen zu unserem Arbeitsstil passen.

Was würdet ihr als euren bisherig größten Erfolg bezeichnen?

Der Auftritt am polnischen Przystanek Woodstock-Festival vor ca. 300.000 Leuten war ein absoluter Höhepunkt für die Band. Der Erfolg unseres Videos zu "Bomba" hat uns allerdings erst den Weg dahin geebnet. Dem verdanken wir auch die unzähligen Mega-Festivals sowie unvergessliche Clubshows in den Niederlanden, unsere Charterfolge, den Amadeus Award, usw.

"Second Hand Wonderland" und jetzt auch "Explositive" sind unglaublich druckvoll und professionell produziert. Habt ihr selbst ein Studio zum Tüfteln oder wie könnt ihr euch das sonst leisten?

Einerseits können wir im Studio unseres Gitarristen sehr gut kreativ arbeiten und in Ruhe an neuen Songs sowie unserem Sound feilen. Außerdem haben wir mit dem Produzenten Arne Neurand einen zuverlässigen Partner für die Umsetzung unserer Ideen gefunden. Wir legen großen Wert auf handgemachte Qualität und stecken dafür einiges rein. So können wir mit den Top-Leuten der Szene zusammenarbeiten und können uns mit jeder Produktion weiterentwickeln.

Einige eurer Songs klingen, als hätten die letzten 20 Jahre Musikgeschichte nicht stattgefunden. War früher alles besser?

Danke, bald sind es 25 Jahre 🙂 Es ist sehr relativ, ob sich die Musik verbessert, nur weil Jahre vergehen. Und einiges in der jüngeren Musikgeschichte hätten wir gerne ausgeblendet oder übersprungen. Natürlich war früher nicht alles besser. Wir sind jedoch in den 1990er Jahren musikalisch sozialisiert worden. Und dabei bleiben wir uns treu. Wir legen es nicht darauf an, auf aktuelle Trends oder mediale Hypes aufzuspringen. Stattdessen machen wir "unser Ding". Schon seit unseren Anfängen sind wir als äußerst umtriebige Liveband mit hohem "Abgeh-Faktor" in unserer Musik bekannt. Fette Grooves und mächtige Beats machen dabei einfach Spaß – sowohl uns als auch dem Publikum. Gleichzeitig wissen unsere Fans, dass wir uns immer wieder neu erfinden und ständig mit verschiedensten Elementen experimentieren. So tragen die meisten Kontrust-Songs unterschiedlichste Charakterzüge, die sich nicht einfach schubladisieren lassen.

Wer hört heutzutage noch oder wieder Crossover? Wie setzen sich die Kontrust-Fans zusammen?

Was auch immer "Crossover" tatsächlich sein mag, live war er nie out. Das lässt sich bei jedem Festival beobachten. Der Publikumszuspruch von Rockbands und speziell von 90er-Acts ist ungebrochen, was man von anderen Musikstilen nur selten behaupten kann. Deren kurzlebige Hypes sind nur allzu oft schnell wieder vorüber. Insbesondere der enorme Anteil jüngerer Fans, die nicht aus Sentimentalität an "Crossover" hängen, bestätigt die Beständigkeit dieser Stilrichtung. Gleichzeitig bleiben uns auch die Anhänger älteren Semesters treu.

Wie kann man als (Metal-)Band in der heutigen Zeit Geld verdienen? Könnt ihr die vielen Millionen YouTube-Klicks beispielsweise durch Werbeeinschaltungen monetarisieren?

Bands leben heutzutage hauptsächlich vom Live-Geschäft. Allerdings sollte man auf Luxus verzichten können. Schließlich wachsen auch die logistischen Anforderungen und im Vergleich zu früher ist ein großer Teil der Einnahmequellen versiegt. Im Gegenzug erreicht man die Fans über die neuen Medien leichter und direkter, wodurch sich der Horizont vor allem international erweitert und der Bekanntheitsgrad steigt. An YouTube verdient aber praktisch nur Google. Wir freuen uns dennoch über die vielen Views und wissen die Aufmerksamkeit zu schätzen, auch wenn wir daran nichts verdienen.

Ihr seid auf Facebook, Twitter und YouTube: Wie wichtig nehmt ihr Social Media? Betreibt ihr alle Seiten selbst? Ginge es auch ohne?

Die Plattformen sind natürlich immens wichtig für die Kommunikation mit unseren Fans. Wir haben unseren erfolgreichen Sprung ins Ausland ganz besonders auch diesen Portalen zu verdanken. Selbstverständlich betreiben wir alle Seiten selbst. Ohne Web 2.0 könnten vielleicht noch Urgesteine wie die Rolling Stones oder Bob Dylan arbeiten. Aber für die meisten Acts sind die Kanäle zur Verbreitung der eigenen Musik äußerst nützlich.

Kommen die Ideen zu den Musikvideos von euch? Wer hat sich beispielsweise das Trachten-Outfit für "Bomba" einfallen lassen?

Die Ideen für die Videos stammen direkt von der Band. Manche sind mehr, manche weniger erfolgreich, Spaß an den Videodrehs hatten wir jedenfalls immer. Das Bomba-Outfit war eine sprichwörtliche Schnapsidee am Ende einer Tour. Nicht nur angesichts unseres damaligen Budgetlochs wollten wir das Video schlicht und einfach halten. Eine günstige Vorlage lieferte die Ästhetik und Authentizität von Schlagervideos. Bomba kostete sage und schreibe 700 Euro und ist heute ein internationaler YouTube-Hit.

Wo kommt ihr besser an: In Österreich oder im Ausland?

Das hält sich mittlerweile die Waage, obwohl wir in Österreich natürlich stark vom sogenannten Pizza-Effekt profitierten. Der Erfolg im Ausland – insbesondere in den Niederlanden und Polen – hat sich bis nach Österreich durchgesprochen. Mittlerweile ist unsere Fanbase quer über den Globus verstreut. Unsere Wurzeln bleiben aber hier.

"Explositive" erscheint am 7. November 2014 auf Napalm Records. An diesem Tag findet auch die Record Release-Show in der Szene Wien statt.

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