Gemeinsam sind wir stark. Außer die Musikbranche.

Eine aktuelle Kammerstudie zeigt zwar, dass die kreativen Branchen – vor allem Softwarefirmen und Game-Entwickler – überdurchschnittlich wachsen. Zu den großen Verlierern der letzten Jahre zählen aber Fotografen, Künstler, Architekten. Mehr denn je im Abseits: die Musikbranche.

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Was hat sich in den vergangenen fünf Jahren getan? Zumindest für die heimische Kreativwirtschaft kann man das nun recht genau sagen. 2009 hatte die Creativwirtschaft Austria (CWA) erstmals die Netzwerkforscher von FAS Research damit beauftragt, den Vernetzungsgrad innerhalb der Creative Industries zu ermitteln. Mittels Schneeballverfahren wurden Akteure aus den Milieus der Mode-, Musik-, IT-, Design-, Architektur-, Werbe- und auch Kunstwelt nach jeweils wichtigen Playern befragt.

Fünf Jahre später gibt es ein Update, das vordergründig vor allem eines zeigt: Wachstum. Wurden 2009 noch 900 Personen genannt, sind es 2014 bereits knapp 1.500. Hinter ihnen stehen mittlerweile 1.167 Unternehmen, Vereine und Organisationen. Insgesamt erwirtschaften in der österreichischen Kreativwirtschaft 150.000 Beschäftigte in 40.000 Unternehmen (von denen 71% profitabel sind) einen Umsatz von 20 Milliarden Euro. Das ist gewaltig. Keine Frage. Beeindruckend auch, dass nach den Vorreitern Wien, Vorarlberg und Steiermark nun auch Tirol, Niederösterreich, Burgenland und Kärnten Anschluss gefunden haben – und Oberösterreich rund um seine Fachhochschule in Hagenberg eine florierende Software- und Gamebranche entwickelt hat.

Ein Fazit von FAS Research ist auch: Die Personen sind insgesamt besser vernetzt – quer über alle Branchen und Bundesländer hinweg. Abgefragt wurden aber nicht nur Namen, sondern auch Stimmungen. Und die sind vor allem unter Architekten schlecht und bei den von der Natur her hochgradig individualisierten Künstlern von ”Enge“, wenig Kooperation und Konkurrenz geprägt. Ganz klare Rückzugsgefechte führen auch Fotografen.

Tatsächlich traurig sieht es aber für die Musikwelt aus. Schon 2009 als abgekapselt, isoliert und über die eigenen Genregrenzen hinweg schlecht vernetzt dargestellt, stagniert sie weiterhin als Anhängsel. Gäbe es nicht die Personen hinter Monkey Music, Ink Music und den Knotenpunkt FM4 – die Branche hätte nahezu keine Berührungspunkte zu anderen Milieus und bliebe weitgehend unter sich. Das ist vor allem angesichts des wachsenden Game-Sektors (der ja Musik und Sounds braucht) und der theoretischen Nähe zu Design und Visual Design schwer nachvollziehbar und ein klares – auch strukturelles – Versäumnis. Auch die eher lachhafte Wiener Popakademie hat da keine Bewegung gebracht. Und die seitens der Stadt Wien immer wieder einmal angedachte Cluster-Bildung – also die geförderte Ansiedlung mehrerer Musikunternehmungen an einem Ort – ist wohl als eher ein Zugang der 90er Jahre zu werten.

Das Problem der mangelnden Vernetzung über die eigenen Kreise hinaus kann ein Branchen-Cluster eben genau nicht lösen. Nicht zuletzt erweisen sich übergreifend vernetzte Akteure – Stichwort Resilienz – als widerstandsfähiger und innovativer als solche, die dauernd nur im eigenen Saft braten. Ein Lösungsansatz könnte übrigens aus der Kreativwirtschaft selbst kommen. Denn auch die derzeit und künftig wichtigsten Themen hat die CWA abgefragt. Noch vor der SVA und der Großbaustelle Urheberrecht wurde da quer über alle Branchen hinweg ”Co-working“ als Thema genannt. Also: das gemeinsame Arbeiten mit anderen Kreativen, möglichen Lieferanten, Kunden, Inspirations- und Input-Gebern. Eine Stichprobe – ein schneller Rundruf bei den drei großen Co-working-Spaces der Stadt (Sektor5, Impact Hub und Schraubenfabrik) – hat meine These bestätigt und ergeben, dass dort bis auf ein Start-up de facto keine Musikunternehmer werken. ”Maximal Hobby-Musiker“, heißt es da bis auf einmal.

Die Musiker mögen weiter jammern, im Hobbykeller jammen und über Ö3 schimpfen. Wien allerdings sollte, so es seinen Status als Musikstadt in die Zukunft retten will, aktiv werden und sie in alte und neu errichtete Co-working-Spaces locken. Und sei‘s durch angeschlossene Studio-Zellen.

Thomas Weber, Herausgeber, @th_weber

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