Kunst als Fitnessprogramm

Die gebürtige Russin Lena Lapschina ist in ihrer Kunst zu Hause. Und wir können sie dort kurz mal besuchen – bei "Home Alone" in der Ausstellungsbrücke St. Pölten.

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Solang sie niemand nach ihrem day job fragt kann sich Lena Lapschina ungestört ihrer Kunst hingeben. Partizipieren ist erlaubt, aber nur wenn auch alle die Spielregeln der Künstlerin befolgen. Was das für Spielregeln sind, hat sie uns nicht verraten, dafür aber einige andere Dinge über sich und ihr künstlerisches Tun in Österreich.

Manche deiner Projekte, so wie "Waymarks and Dialogues" oder "Back on Tuesday", sind im öffentlichen Raum angesiedelt. Worin liegt der Vorteil, speziell für deine Arbeiten, Kunst aus den Museen raus in die Öffentlichkeit zu holen?

Kunst existiert in speziellen Ausstellungsräumen aber oft noch länger an offenen, öffentlichen Plätzen. Um bei der Biennale in Mardin beziehungsweise den voraussichtlichen BesucherInnen Wirkung zu erzielen, habe ich mich für das ortsspezifische Projekt im öffentlichen Raum entschieden. Ich habe aber auch schon Dinge von der Straße in den White Cube geschleppt – etwa "Wien, Deutschland." –, um ein Thema zu "exponieren". BetrachterInnen reagieren meist mit Neugier und Interesse, freuen sich sozusagen über frischen Gesprächsstoff. Das ist allerdings von Weltgegend zu Weltgegend unterschiedlich.

In deinen Arbeiten schwingt immer wieder die Ebene der Sozialkritik mit. Manchmal expliziter, manchmal weniger deutlich. Betrachtest du dich selbst als sozialkritische Künstlerin?

KünstlerInnen werden heutzutage oft geschickt für politische Agenden ausgenützt Manche Herausforderungen unserer Tage lassen sich auch wirklich gut mit künstlerischen Mitteln darstellen, herausarbeiten, freilegen, vor Augen führen… Wenn ich jetzt überlege, was ich in letzter Zeit für Arbeiten gemacht habe – bin ich mir aber sicher, dass die Arbeiten, die den "schönen Künsten" zuzurechnen sind, überwiegen.

Du lebst und arbeitest nun schon seit einiger Zeit in Österreich. Beziehst du dich in deiner Arbeit auch auf die österreichische Vergangenheit und tagespolitische Themen?

Das österreichische Bild von der Welt, der vergangenen, der heutigen und der zukünftigen, beeindruckt mich immer wieder. Politische Fehlfunktionen berühren mich in meiner künstlerischen Arbeit nur dann, wenn es um Räume, um Lebensräume, geht. Wahrscheinlich ist mein Studium schuld daran, dass mir vor allem die Stadtplanung besonders auffällt. Über die Reaktionen führe ich keine Statistik, dafür bin ich auch einfach zu viel unterwegs.

In einigen deiner Projekte, wie in "Getting Fit With Dr. Lapschina", machst du dich selbst zum Teil deiner künstlerischen Arbeit. Worin besteht für dich der Mehrwert?

In "Get Fit With Dr. Lapschina" mache ich die Vorturnerin, sonst würde das ganze Wortspiel ja nicht funktionieren. Wenn eine performative Herangehensweise gewählt ist, lasse ich mich fallweise vorkommen. Ist eher eine pragmatische Entscheidung.

Auch das Publikum wird oft miteinbezogen. Welchen Unterschied macht es in der Wahrnehmung eines Kunstwerks ob ich aktiv involviert bin oder nicht?

Es geht immer um "involvement", um berühren. Manchmal baue ich diese körperliche Komponente ein, das schafft sicherlich besondere Recall-Werte bei der Publikumsbefragung des Museums. Manchmal stelle ich den BesucherInnen auch ein bequemes Sofa hin, das wirkt genauso.

Das Leben einer Künstlerin in Österreich verglichen mit dem einer Künstlerin in Russland – gibt es einen Unterschied, der dir sofort einfällt?

In meinem Mutterland interessiert man sich grundsätzlich für Kunst. Und niemand käme auf die Idee, einen Künstler, eine Künstlerin zu fragen, was ihr "day job" ist.

Die Ausstellung Home Alone von Lena Lapschina gibt es noch bis 8. Juli in der St. Pöltener Ausstellungsbrücke zu sehen. Ein Ausflug, der sich lohnt.

Bild(er) © 1,2,3,4,5: Lena Lapschina
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