»i don't sell to cops and snitches«

Bilder von Christian Rosa dürfen gerade in keiner Einkaufstasche fehlen. Warum das mit seiner Kunst am wenigsten zu tun hat.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Für so etwa 20.000 Dollar könnte man sich jetzt einen Christian Rosa kaufen. Oder vielleicht auch schon nicht mehr: Die Bilder des in Wien aufgewachsenen Malers mit brasilianischen Wurzeln stehen nämlich gerade hoch im Kurs. Kurs ist hier durchaus im ökonomischen Sinn zu verstehen. Artnet ist eine Institution des internationalen Kunstmarktes, die im Internet unter anderem Handelsempfehlungen mit den Prädikaten »kaufen«, »halten« oder »verkaufen« vergibt. Ganz wie bei Aktien. Und Christian Rosa soll man, laut Artnet, auf jeden Fall kaufen. Für 20.000 bis 30.000 Dollar kann man sich eine Leinwand des Rising Stars nach Hause nehmen, ein läppischer Einstiegspreis mit viel Raum für Wertsteigerung. Sogar Celebrities wie Leonardo Di Caprio und Orlando Bloom haben angeblich schon zugeschlagen. Dabei hatte Rosa seine erste Einzelausstellung erst letzten August. Ja, das geht alles recht schnell. Rosas Galerist Philipp Haverkampf von Contemporary Fine Arts in Berlin meinte gegenüber Artnet sogar, dass dabei Social Media vielleicht eine Rolle spielt.

Eyecandy with content

Wie heutzutage Kunst verkauft wird, spielt jedenfalls eine Rolle. Auf gigantischen Kunstmessen wie der Frieze Art Fair in London, der Armory Show in New York und der von Jay Z besungenen Art Basel werden jährlich hunderte Millionen umgesetzt. Der Kunstmarkt war immer schon eine Spielwiese der Reichen, in den letzten Jahren hat er sich aber zusehends vom unauffälligen und anonymen Verschieben alter Meister in ehrwürdigen Auktionshäusern hin zum schicken und publikumswirksamen Hochglanzsport entwickelt. »Eyecandy with content«, wie es die Kunstkritiker Blake Gopnik und Christian Viveros-Fauné beschrieben haben, ist heute unter Reichen beliebt wie noch nie. Kunstwerke sind mehr denn je Prestige-, Lust- und Spekulationsobjekte. Der sammelnde Gordon Gekko im Film »Wall Street« war 1987 erst der Anfang. 2011 lag der russische Oligarch Roman Abramovic auf Einkaufstour bei der Biennale in Venedig mit seiner 117 Millionen Pfund teuren Jacht vor Anker. Gleichzeitig hat zeitgenössische Kunst, nicht zuletzt dank des bunten Treibens der Stars am Kunstmarkt, mehr Öffentlichkeit als jemals zuvor. Welche Künstler erfolgreich werden entscheiden nicht mehr Experten und Kritiker, sondern der Markt.

Großformatiges Markttreiben

Christian Rosa passt da recht gut hinein. Seine Bilder sind großformatige weiße Leinwände, auf die er mit verschiedenen Materialien abstrakte Formen malt. Flachware also, die auf eine Weise zeitgenössisch ist und sie sofort angenehm in den Penthouses dieser Welt heimisch macht. Sie lassen sich außerdem einer soliden Tradition einschreiben: Rosa wird mit Malern wie Cy Twombly und Jean Michel Basquiat verglichen. Er selbst nennt unter anderem seinen Lehrer Daniel Richter, Albert Oehlen und Dieter Roth als Inspirationsquellen – lauter etablierte Maler, die alle seine Väter oder Großväter sein könnten. Wenn es um Rosas Einflüsse, Kollegen und Vorbilder geht, wird er so ins rechte Licht rückt: Wer sich keinen Basquiat leisten kann, soll doch bitte zumindest einen Rosa kaufen.

Rotes Mützchen und Smoking

Viele Berichte über Rosas Kunst handeln davon, wie viel Aufmerksamkeit seine Bilder dort und da auf sich gezogen haben und davon, wer sie gekauft hat. So wie dieser Bericht hier. Das ist gutes Marketing. Der eigentliche künstlerische Prozess ist natürlich auch wichtig. Aber gute Kunst gibt es reichlich, der interessante Teil kommt danach. Ähnlich beliebt wie die Beschäftigung mit seinem Marktwert sind Geschichten über Christian Rosa als Person. Ja, da gibt es auch viel zu holen: Rosa erfüllt fast ausnahmslos alle Erwartungen, die man an Künstler stellen kann – nur eben auf seine eigene, neue Art. Er gibt sich als Outsider, als Punk und als Rabauke. Und doch grinst einem sein vierschrötig-attraktives Gesicht von Fotos so mancher fescher Vernissage entgegen. Da kann es auch schon mal sein, dass er sein rotes Mützchen zum Smoking trägt. Die Kunstwelt hat eine ungebrochene Nachfrage für Bohèmiens und jetzt sind das eben gerade Leute die surfen, deren Penis auf Twitter zu sehen ist und die sagen, dass New York tot ist. Sie machen sich gut auf schicken Partys, bringen Leben in die Bude und sind genau die Künstler, die der Markt braucht.

Bild(er) © Irina Gavrich Jochen Littkemann / Courtesy Contemporary Fine Arts, Berlin
Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...