Gemalte Selfies

George W. Bush malt. Der Kunstjournalismus findet das zu Unrecht peinlich.

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Journalisten vergeben Auszeichnungen auf verschiedene Art: Manche kriegen zum Beispiel einen Critic’s Choice Award von ihnen, andere kommen auf’s Cover des Time Magazine. "Ich hab‘ gerade einen einen Critics Choice Award bekommen", stelle man sich vor sagt George Clooney, woraufhin Richard Nixon antworten würde, "Ich war 55 Mal am Cover von Time."

Oder man kommt auf das Cover vom MAD. Das ist auch nicht schlecht. Oder zumindest in einen Witz den das MAD über die eigenen Covers macht. Das ist immer noch ok. George W. Bush hat das geschafft – nackt und eigenhändig. Das ist nichts, was viele von sich behaupten können. George W. ist auf dem Bild gerade unter der Dusche. Man erkennt ihn sogar von hinten. Aus dem Rasierspiegel grinst das MAD-Gesicht.

Das Bild hat George W. Bush selbst gemalt.

Gucci und Melone

Vor einem Jahr hat nämlich ein Hacker mit dem reizenden Namen Guccifer jede Menge Sachen aus den E-Mail-Accounts von Bushs Verwandten gestohlen, unter anderem eben Fotos von Gemälden, die der Ex-Präsident gemacht hat. Jetzt reden auf einmal wieder alle darüber, weil sich inzwischen herausgestellt hat, dass das Malen dem ehemaligen Präsidenten gar nicht peinlich ist, und natürlich, weil manche Leute das lustig finden.

Zugegeben, die Portraits von Staatschefs die Bush momentan in Dallas ausstellt (Top-Tipp für Künstler auf der Suche nach Galerieplätzen: Bibliothek gründen, dort ausstellen), gehören nicht zu seinen stärksten Bildern. Viel besser sind seine Selbstportraits: Das in Dallas mit dem freien Pinselstrich und die beiden gestohlenen, die den Maler im Bad zeigen und so viel darüber sagen, wie man seinen eigenen Körper sieht – gemalte Selfies irgendwie. Die hätten sogar auf The Jogging Chancen gehabt.

Und dann sind da die Stillleben, die verloren wirkende Wassermelone (cf. Beyoncé) zum Beispiel, und die Landschaften, von denen manche besser sind als der durchschnittliche Wandbehang in Studierendenzimmern. Aber darum geht es eigentlich gar nicht. Es geht darum, dass da einer in seiner Pension etwas macht, was ihn freut. Und darum, dass es ihm anscheinend immer noch Spaß macht, nachdem der gesamte Kunstjournalismus seinen Sonntagsspaziergang darauf gemacht hat (beispielsweise hier, hier, da und dort).

Niemand mag dieses Kind

Es gibt einen anderen Maler, der heißt auch Bush, Darrell Bush. Der malt Seen und Bäume und Rehe und Lagerfeuer. In seinen Bildern sind sehr viele Farben und alles schaut echter als in Wirklichkeit aus. Wahrscheinlich kann sich Darrell Bush jedes Jahr ein Boot von dem Geld kaufen, das er mit Puzzles von seinen Bildern macht.

George W. ist vielleicht das Kind, das etwas Cooles gemacht hat, ohne das so wirklich ganz zu beabsichtigen. Aber Darrell ist das Kind, das nicht versteht, warum es eine schlechte Note bekommen hat, obwohl es ja so viel länger an der Hausübung gesessen ist. Niemand mag dieses Kind.

Der besagte Hacker Guccifer wurde übrigens inzwischen festgenommen. Anscheinend ist er ein vierzigjähriger Rumäne mit einem Camouflage-Kapperl und einer Sonnenbrille aus den Neunzigern.

Die Ausstellung The Art of Leadership: A President’s Personal Diplomacy eröffnete am Wochenende in der George W. Bush Presidential Library and Museum, Dallas.

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