"Deix hat mich gelehrt, Österreich zu lieben"

Die nackte Wahrheit humorvoll aufzuzeigen – oft wortwörtlich nackt – das hat Manfred Deix verstanden wie kein Zweiter. Wir haben seine KollegInnen und BewunderInnen um ein Statement zum traurigen Abschied des großen Karikaturisten gebeten.

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Manchmal versteht man einfach keine andere Meinung – zum Beispiel, wenn es um die Arbeit von Manfred Deix gehen soll. Denn nicht nur, dass seine Zeichnungen voller nackter Tatsachen über die österreichische Mentalität stets getroffen haben, so war es auch vermutlich eher einer seiner Karikaturen zu verdanken als irgendeiner Politikerrede, wenn der ein oder andere Sonntags-Boulevardzeitungsleser beim Lachen auch einmal kurz inne gehalten hat.

Warum Manfred Deix, als einer der bekanntesten Karikaturisten Österreichs, noch lange im Gedächtnis blieben wird, haben wir sechs KollegInnen und BewunderInnen seiner Kunst gefragt:

Stefanie Sargnagel, Autorin

"Deix war einer meiner absoluten Lieblingskünstler, ich habe seine Bücher schon als kleines Kind geliebt und habe das Gefühl, seine Wahrnehmung wird einem als Österreicherin dadurch genetisch eingeschrieben. Ein hochsensibles Genie, das seinen klaren Blick auf Menschen einfach so verarbeiten musste. Ich habe ihn vor einem Jahr bei einer Signierstunde besucht, ihm gesagt, dass ich sein größter Fan bin und ‚Binge Living‘ geschenkt. Für ihn war ich wohl nur ein irrer Fan, aber ich bin trotzdem froh darüber. Er war damals schon gesundheitlich angeschlagen und seitdem hab ich gebangt um ihn. Ich finde grandios, was er gemacht hat, ein komplett unvergleichbarer Stil und prägend für ganze Generationen. Mein Beileid auch an seine Frau, ohne die, so sagt man sich, seine Kunst vielleicht einfach im Alkohol ertrunken wäre."

Gottfried Gusenbauer, Direktor Karikaturmuseum Krems

"Ich habe über die Jahre im Karikaturmuseum viel mit Manfred Deix zusammengearbeitet. Wir haben oft stundenlang über Musik diskutiert. Ich konnte seine Leidenschaft für die Beach Boys teilen und er zeigte durchaus Verständnis für meinen Faible für das Electric Light Orchestra . Also, was die Musik betrifft, viel mehr hätte er auch nicht zugelassen."

Clemens Ettenauer, Geschäftführer der Komischen Künste Wien

"Manfred Deix hat mir immer sehr getaugt, weil er einer der ganz wenigen Karikaturisten war, dessen Bilder mich nicht nur wirklich zum Lachen (und nicht nur Schmunzeln) gebracht haben, sondern in denen auch immer eine Gesellschaftskritik transportiert wurde, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger daherzukommen. Außerdem ist er neben Gary Larson der einzige Humorist, den ich nicht nur als Kind sehr lustig fand, sondern den ich auch heute noch sehr lustig finde. Ich habe ihn leider nie persönlich getroffen, aber oft ist man eh enttäuscht, wenn man seine Idole trifft, also das passt schon so. Ich hab ja sehr viele Bücher von ihm zuhause und die bleiben mir, auch wenn er jetzt fort ist."

Maximilian "Bezirkowitsch" Zirkowitsch, Satiriker

"Manfred Deix war ein Humanist und feinsinniger Beobachter mit einer beeindruckenden Hinwendung zum Menschen. Er hat keine Klischees wiedergegeben. Das musste er nicht, denn 90% aller Österreich-Klischees und -Motive stammen von ihm. Die katholische Kirche, Jörg Haider und die Fleischhauerei sind nicht denkbar ohne Deix. Für mich ist eine glückliche Kindheit und Jugend ohne Deix überhaupt nicht denkbar. Das Bekenntnis zur Hässlichkeit ist eine Form des Patriotismus, die ich ertrage. Wahrscheinlich hat mich Manfred Deix gelehrt, Österreich zu lieben."

Daniel Jokesch, Karikaturist

"So, wie in den 60er-Jahren viele ohne Elvis oder die Beatles nie zur Gitarre gegriffen hätten, war das wohl auch mit Manfred Deix und allen Karikaturisten nach ihm. Zumindest bei mir: Ein großes Ereignis war jede Woche das neue Profil, in dem ich stets gleich einmal die letzte Seite aufschlug. Und ein Buch von ihm hatten wir auch zuhause, das war sowieso die Bibel.

Die Politik meiner Kindheit nahm ich vor allem durch die Brille von Deix wahr. Diese Brille wird – gerade in Zeiten zunehmender Kurzsichtigkeit – unendlich fehlen."

Corinna Milborn, Journalistin (Auszug aus dem zur Verfügung gestellten FB-Statement):

"(…) Er zeichnete auch in den Phasen, in denen es ihm gesundheitlich nicht so gut ging, und er hat es sich nie leicht gemacht. Man sah das seinen Zeichnungen nie an – oder vielleicht insofern, als er nicht nachgelassen hat mit seinem bösen Blick auf die Österreicher. Mir hat es oft den Magen umgedreht bei seinen Werken, wohl weil sie so treffend waren. Als Kern angetreten ist, hab ich im Kopf verschiedene mögliche Deix-Versionen von ihm durchgespielt, bis ich mich erinnert habe, dass er ja nicht mehr zeichnet und uns keine Version vorgeben kann (ich halte mich nun grob an seine Klima-Karikaturen). Und ich sag’s ehrlich: Wenn ich die Fans im Fernsehen sehe, dann sehe ich sie von ihm gezeichnet, und im Freibad komm ich nicht an Deix in meinem Kopf vorbei. Wie schade, dass er die nächste Generation nicht mehr aufs Korn nehmen kann."

Da schließen wir uns an und verweisen darauf, dass man eine große Auswahl von Manfred Deix‘ Karikaturen noch bis 16. Jänner 2017 in der Dauerausstellung "Für immer Deix" im Karikaturmuseum Krems sehen kann.

Bild(er) © Manfred Deix, Manfred Deix, 1996, Landessammlungen Niederösterreich, © Manfred Deix, 2016, Manfred Deix, Der dicke Deix, 2004, Landessammlungen Niederösterreich, © Manfred Deix, 2016, Bild Stefanie Sargnagel: Copyright Niko Havranek: www.nikohavranek.com
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