Serienzitate im Spiel

„X-Files“ und „Twin Peaks“ standen Pate für dieses kurze Adventure, das in erster Linie auf Atmosphäre, Narration und freie Interpretation setzt.

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„Virginia“ wird seid rund zwei Jahren in Spielemedien angekündigt und als atmosphärisches Adventure mit beabsichtigten Anleihen bei beliebten Serien gehandelt. Nun ist es da und so sehr die Erwartungen getroffen werden, so sehr ist „Virginia“ auch einfach anders. Die Spielmechanik ist stark eingeschränkt und reduziert sich komplett linear darauf, durch bestimmte Handlungen die nächste Szene auszulösen. Dafür reicht außer den beiden Sticks für Bewegung und Blickfeld der Person – das Spiel wird viel in Egoperspektive gezeigt – genau ein Button. Es geht um eine junge FBI-Agentin, die den Fall eines vermissten Jungen aufklären soll. Schnell werden aber die Beziehungen der Personen, wie die zu ihrer geheimnisvollen Partnerin, wichtiger.

Erzählt wird die Story über Bilder und einen leicht übertriebenen, aber eindrucksvollen Soundtrack (eingespielt vom Prager Symphonie Orchester). Text kommt nur sehr wenig vor und gesprochene Sprache gar nicht. Einzelne Szenen werden oft hart auf andere geschnitten – geht man gerade noch einen Gang entlang, kann es sein, dass man einen Augenblick später schon ganz woanders ist. Das erspart Leerläufe und könnte wenn es richtig gut gemacht wäre, für atmosphärische Verwirrung sorgen. So wirkt es teilweise etwas unbeholfen.

Das Setting in einer Kleinstadt, der Hintergrund des FBI und viele eindeutige Verweise in Bildern und Musik erinnern klar an „X-Files“ oder auch „Twin Peaks“. Es sind Anspielungen, die bei Kennern für ein angenehmes Gefühl und damit für einen Mehrwert sorgen, auch wenn sie für „Virginia“ im engeren Sinn keine Bedeutung haben.

Nach deutlich unter zwei Stunden ist Virgina auch schon wieder zu Ende. Während zu Beginn Rätsel und Unklarheiten im Raum stehen, dreht die Handlung zum Ende hin das Tempo extrem hoch – und bewegt sich schnell auf einer interpretatorischen Meta-Ebene. Es geht nicht mehr um den Fall, sondern um größere, in erster Linie gar psychologische und lebensgeschichtliche Zusammenhänge. Da bleibt naheliegend die Lösung manches Rätsels auf der Strecke. Das alles ist interessant und man bleibt für die Spieldauer gerne dran. Man wird aber auch das Gefühl nicht los, dass hier mehr möglich gewesen wäre. Dass die Spielmechanik etwas sehr dürftig ist und auch die Geschichte durchaus etwas genauer erzählt werden hätte können.

„Virginia“ ist trotzdem mehr als ein Experiment, es ist ein Beispiel für das Aufnehmen von TV- und Film-Mittel in ein Spiel, um etwas zu erzählen und je nach Interpretationswillen eine Aussage zu treffen. Und das ohne wie bei Quantic Dream-Spielen wie „Beyond: Two Souls“ in all zu billige, emotionalisierende Fallen zu tappen. „Virginia“ ist für Erwachsene, die bereit sind sich darauf einzulassen.

Virginia“ (505 Games) ist bereits für PC, PS4 und Xbox One für 9,99 Euro erhältlich.

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