Murasaki Baby: Die Schrecken von damals

„Murasaki Baby“ entführt uns auf eine schöne und zugleich verstörende Reise und lässt Kindheitserinnerungen aufkommen.

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Die frühe Kindheit ist eine aufregende Zeit: Unbekanntes erforschen, Entdeckungen machen, Grenzen ausloten. Und ernsthaft die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass unter dem Bett Monster leben… „Murasaki Baby“ greift diese Aspekte bestens auf und erinnert uns zudem, was die Eltern damals für uns waren: ein Fels in der Brandung. Da verwundert es nicht, dass es Spielziel ist, das Baby mit seiner Mutter zusammenzuführen.

Während seiner kurzen Spielzeit (2-3 Stunden) entführt uns der Plattformer auf eine Reise, die Elternschaft, Verantwortung, Vertrauen und die bittere Tatsache anspricht, dass man – egal wie man sich das auch wünschen mag – ein Kind nicht in jeder Situation schützen kann. Dass Screenshots und sogar Videos täuschen können, zeigt sich selten so deutlich wie bei "Murasaki Baby": nur wer spielt, verspürt das Bedürfnis zu beschützen, und irritierendes Unbehagen macht sich breit.

Während das thematische Konzept voll aufgeht und sich wie ein roter Faden durchs Spiel zieht, geriet das mechanische durchwachsen. Baby kann nicht direkt gesteuert werden sondern wird durch "bei der Hand nehmen" via Touchscreen geführt. So führt man die Kleine durch eine Welt, die aus einem nur bruchstückhaft rekonstruierten Fiebertraum stammen könnte; oder einem Tim-Burton-Comic. Gehen und phasenweise Laufen ist möglich; wer es übertreibt, bringt Baby aus dem Gleichgewicht und letztlich zum Sturz. Das ist jedes Mal ein beschämendes Gefühl und man gelobt, den Fehler in Zukunft nicht mehr zu machen.

Schlüsselrolle in der Mission Baby gegen albtraumhafte Erscheinungen zu schützen, ist ihr herzförmiger Luftballon. Da kann es schon mal passieren, dass mit einem Finger das Kind durch manches Hindernis geführt wird, während ein zweiter Finger dafür zuständig ist, den Ballon zu bewachen – sei es nun, weil starke Winde aufkommen und ihn wegzublasen drohen oder fliegende, beäugte Sicherheitsnadeln im Anflug sind. Das führt gelegentlich zu verkrampften Situationen, kleine Hände sind hier ob der besseren Übersicht klar im Vorteil. Dafür lässt einem das Spiel sein eigenes Tempo.

„Murasaki Baby“ glänzt mir fantastischer handgezeichneter Grafik, die sich süß und zugleich verstörend präsentiert, mit ausdruckvollen Charakteren. Ein Schlüsselelement sind die farbigen Hintergründe, die sich markant von der schwarz-weißen vordergründigen Action abheben. Durch Wischen am hinteren Touchpad der PS Vita verändern sich Farbe und Stimmung des Hintergrunds, während durch Antippen auf dem Touchpad jeweils eine besondere Aktion möglich ist.

Entwickler Ovosonico überrascht regelmäßig mit immer neuen Ideen und Hintergründen, die sich allesamt gut ins Spiel einfügen. Richtig schwierige Rätsel sind zwar nicht dabei, dafür besitzt es einen guten Rhythmus und weckt die Neugier, was hinter der nächsten Ecke wohl kommen mag. Ein unaufdringlicher, einfühlsamer Soundtrack sorgt dafür, dass Unbehagen und Hoffnung ständige Begleiter sind auf der Reise mit Baby. Und Akira Yamaoka, berühmt unter anderem für seine „Silent Hill“-Kompositionen, steuert den End-Credit-Track bei – ebenfalls sehr stimmig.

Murasaki Baby“ spielt sich am besten mit Kopfhörer, ohne Ablenkungen und in einem Schwung. Es ist mutig, originell und schürt die kindliche Neugier in uns. Zwar gibt es nichts zu sammeln, keine alternativen Routen, seine Einzigartigkeit ist dennoch für einen zweiten Durchgang gut. Die Touch- Steuerung ist nicht immer ideal und macht manche Stellen im Spiel unnötig schwer, die meiste Zeit funktioniert sie aber ordentlich.

Das Wichtigste ist jedoch, dass „Murasaki Baby“ zum Experimentieren einlädt und – ganz nebenbei – Erinnerungen an die eigene frühe Kindheit ausgräbt, die tief in uns schlummerten.

8/10 „Murasaki Baby ist bereits für PS Vita erschienen.

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