Drake’s Limits

Mit Titeln wie »Uncharted 3: Drake’s Deception« ist die Annäherung von Games an das Blockbuster-Actionkino fast vollbracht und stößt gleichzeitig an ihre Grenzen.

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Hollywood ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Von Universal einmal abgesehen sind die Studios abgewandert. Was bleibt, ist der Name, der flächendeckend und undifferenziert für amerikanische Unterhaltungsfilme gebraucht wird; und seit einiger Zeit auch für Bildschirmspiele. So soll es nun so etwas wie Hollywood Games geben – aufwendig inszenierte Spiel-Geschichten à la „Uncharted“, die nach Blockbuster-Manier zum Happy End führen und am Weg dorthin nicht auf große Effekte und eine kleine Romanze verzichten. Grundsätzlich ist das nichts Neues. Die Spieleindustrie bemüht sich schon um Annäherung an die Ästhetik der Actionfilme, seit die Kinderschuhe zum ersten Mal zu drücken begonnen haben. Und seit der SCUMM-Engine der späten 1980er und „Indiana Jones And The Last Crusade“ war man regelmäßig der Meinung, dem Ziel schon sehr nahe zu sein. Doch mit wachsenden technischen Möglichkeiten zeigt sich, dass es hier nicht nur um pixelfreie Grafik und makelloses Motion Capturing geht. Im frischen Jahrtausend wurde es möglich, richtig hübsche Videos zu animieren. Und gleichzeitig wurde offensichtlich, dass sich Actionspiele oft an ihre filmischen Vorbilder anbiederten. Aber auch die feinsten Zwischensequenzen können eine Stimmung nicht aufrecht erhalten, die nicht auch während des Spiels geschürt wird. Und wenn auf eine nervenzehrende Schleichpassage in „Metal Gear Solid“ zwanzig Minuten liebevoll gerenderter Videos folgen, fällt es schwer, diese überhaupt mit den gerade erbrachten Leistungen in Verbindung zu setzen.

Schlüssige Übergänge

Natürlich kann diese Entwicklung auch einige echte Errungenschaften vorweisen. Der vielgepriesene Fortschritt hat den Qualitätsunterschied zwischen Spiel- und Videografik marginalisiert. Und die wegrationalisierten Ladezeiten machen nahtlose Übergänge möglich. Die drei „Uncharted“-Titel haben sich das Potenzial der PS3 zunutze gemacht und liefern filmnahe Action mit Dialogen während der Spielsequenzen und unauffälligen, schlüssigen Übergängen in die Cutscenes. Das wenig innovative Konzept eines Third-Person-Shooters mit einzelnen Rätsel- und Kletterpassagen wird so zu einem mitreißenden Abenteuer mit starken Identifikationsfiguren und mehreren fachmännisch aufgezogenen Spannungsbögen. Ausschlaggebend dafür ist die Vermeidung von allem, was aus der Spielwelt herausreißt – allem voran Übergänge zwischen den Szenen, die den Erzählfluss unterbrechen, lange Ladezeiten und grobe Darstellungsunterschiede zwischen Spiel und Video.

Seitens der Spiele-Entwickler ist man den Filmen einige Schritte nähergekommen. Und auch von der anderen Seite gibt es Annäherungen. Spätestens seit die „Bourne“-Trilogie das Actionkino ästhetisch revolutioniert hat, sind Game-Elemente hier gang und gäbe. Beide Seiten haben sich also aufeinander zu bewegt. Wer nun aber – beseelt von geläufigen Konflikt-Management-Theorien – auf eine Verschmelzung hofft, wird enttäuscht werden. Und das ist gut so. Trotz aller Freude über die ansprechende und bestens inszenierte Handlung von “Uncharted 3“ ist diese fast belanglos, sobald eine Horde von Feinden auftaucht, die beschossen werden will. Klar bleibt sie im Hinterkopf und bereichert auch die Spielsequenzen, doch während sich das Filmpublikum voll und ganz dem Handlungsfaden hingeben kann, müssen Spieler Aufgaben erfüllen. Und um die möglichen Lösungswege überschauen zu können, müssen sie sich bewusst machen, das alles nur ein Spiel ist. Mit Freiheiten, aber auch mit klaren Grenzen.

Bildschirmspiele sind die Jungspunde unter den Medien und so orientieren sie sich noch an dem, was vorher war. Auch das Medium Film hat Jahrzehnte gebraucht, bis vor den Kameras nicht mehr Theater gespielt wurde. Und ohne Zweifel gibt es innovativere Spiele, die die Kulturtechnik Games weiter vorantreiben. Als technisch aufwendiges Hollywood Game zeigt aber »Uncharted 3« auf höchst unterhaltsame Weise, was gerade möglich ist.

„Uncharted 3: Drake’s Deception“ ist bereits für PS3 erschienen.

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