Gestiegene Ansprüche

Der Wiener Filmmusikpreis gilt als wichtigster Award der Szene, wir haben uns mit Veteran Bernhard Fleischmann darüber unterhalten.

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Am 7. und 8. März lädt der Österreichische Komponistenbund ein. Am 7. wird der Wiener Filmmusikpreis 2014 im Porgy & Bess verliehen. Bernhard Fleischmann, ein alter Hase in der österreichischen Filmmusik, wird im Rahmen der Veranstaltung Stücke aus seiner Musik zu „Die 727 Tage ohne Karamo“ präsentieren. Am 8. März findet der Austrian Film Music Day in der Universität für Musik und Darstellende Kunst statt.

Ein Interview mit Bernhard Fleischmann über den Filmmusikpreis, über Soundtracks im Allgemeinen und über gestiegene Ansprüche.

Du spielst ja beim Wiener Filmmusikpreis 2014 Stücke aus dem Film „Die 727 Tage ohne Karamo“: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Regisseurin Anja Salomonowitz? War zuerst der Film da oder doch die Musik?

Ich bin zu einem Zeitpunkt zu dem Film gekommen, als das Bildmaterial schon gedreht war, aber der Schnitt gerade erst begonnen hatte. Bevor ich die ersten Entwürfe entwickelt habe, bin ich ein paar mal mit Anja Salomonowitz zusammen in meinem Studio gesessen und wir haben uns über die prinzipielle Idee hinter der Musik zu der Dokumentation unterhalten.

Dann habe ich erste Entwürfe anhand der Gespräche an Anja und Petra Zöpnek (Cut) geschickt. Diese hat dann wiederum aus dem Pool an Entwürfen Verschiedenes ausprobiert und es dann wieder an mich geschickt. Das heißt also, die gedrehten Bilder waren zwar schon da, aber der eigentliche Film ist dann in gemeinsamen Etappen entstanden.

Du machst ja schon seit mehreren Jahren Filmmusik: Wie ist da die Zusammenarbeit generell? Wird man eher angesprochen oder muss man die Filmemacher noch überzeugen?

Bei mir ist es so, dass ich zum Glück bis jetzt immer von den Regisseurinnen und Regisseuren eingeladen wurde. Das war bei meiner ersten Filmmusik zu Bady Mincks "Im Anfang war der Blick" (2003) über Jörg Kalt bis zu den letzten Arbeiten für Anja Salomonowitz oder Marc Bauders "Master of the Universe" so.

Die Zusammenarbeit ist jedoch bei jedem Regisseur, jeder Regisseurin komplett unterschiedlich. Manche haben sehr genaue Ideen davon, wie die Musik zum Film werden soll, andere lassen sich gerne überraschen. Marc Bauder zum Beispiel hört sich schon während er seine Drehbücher schreibt und während der Zeit der Dreharbeiten Musik von mir an und hat dann ein, zwei oder drei Stücke, welche bereits veröffentlicht sind, die er in seinen Filmen in verschiedenen Variationen haben will.

Andere wollen komplett neues Material. Ich kann mich also nicht beschweren, freu mich nach wie vor über jede Anfrage zu einem spannenden Projekt.

Wie wichtig ist der Wiener Filmmusikpreis eigentlich für dich, für die Komponisten?

Ich glaube, dass den Initiatoren des Preises wichtig ist den Fokus auf in Österreich produzierte Filmmusik zu lenken. Und das ist natürlich für alle Musikschaffenden von Vorteil, da sich eventuell manch Regisseurin, Regisseur, Produzentin oder Produzent dieser Möglichkeit bewusst wird und nicht auf Konservenmusik oder Charts zurückgreift. Gleichzeitig ist der Filmmusikpreis durch den Wettbewerb ein Anreiz für Jüngere sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Das führt vielleicht bei manchen dazu, dass sie beginnen, Musik im Film generell mehr Bedeutung beizumessen und sich zu überlegen, warum das für ihre Begriffe gute oder schlechte Filmmusik ist. Wie und warum wird sie eingesetzt, und was macht das mit dem Film und dem Musiker.

Ich glaube schon, dass generell durch solche Preise die Auseinandersetzung mit dem Thema öffentlicher, breiter und genauer wird. Das ist für die Qualität der Arbeiten sicher förderlich.

Der Soundtrack von Patrick Pulsinger für "Das radikal Böse" wurde im Falter verrissen: Ist in der österreichischen Medienlandschaft in den letzten Jahren der Anspruch an (heimische) Filmmusik gestiegen?

Das Anhand eines Verrisses festzumachen, ist eher schwierig glaube ich. Da spießt sich dann eher etwas zwischen Rezensent und dessen Erwartung in Verbindung mit einem Namen. Ich selbst habe leider weder den Film gesehen, noch die Rezension gelesen.

Was sich sicher verändert hat, ist die Tatsache, dass Filmmusik nun eben auch vermehrt von Musikerinnen und Musikern geschrieben wird, die sonst in komplett anderen Bereichen unterwegs sind. Aber ich halte das ja für eine für beide Seiten inspirierende Tatsache. Ich habe in den letzten Jahren extrem viel spannenden Input durch die Arbeit für Theater und Film erhalten: Wie könnte ich die Geschichte erzählen, ohne auf meine "gewohnten" Mittel zurückzugreifen? Wann passt die Musik zum gesamten Projekt, zum Raum des Theaters, zum Stück, zur Farbe des Filmes und dessen Tempo, etc.?

Ich habe also eigentlich mehr bei mir gemerkt, dass mein Anspruch an die Musik gestiegen ist. Gleichzeitig glaube ich, dass die Tatsache, dass mittlerweile Filmmusik von Menschen und Bands geschrieben wird, deren Veröffentlichungen und Konzerte in den Medien auftauchen, auch dazu geführt hat, dass mehr über die Arbeit dieser Bands und Menschen für diesen oder jenen Film und damit eben auch über Filmmusik generell geschrieben wird.

Welche Projekte stehen bei dir in nächster Zeit an?

Musik fürs Theater, ich beginne an einer neuen CD zu arbeiten und eventuell zwei weitere Filme, die aber noch nicht finanziert sind.

Der Wiener Filmmusikpreis 2014 wird am 7. März im Porgy & Bess verliehen. Tags darauf lädt der Österreichische Komponistenbund zum Austrian Film Music Day in der Universität für Musik und Darstellende Kunst ein.

Bild(er) © Saul Tiff / Österreichischer Komponistenbund
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