Dämlich in die Filmzukunft

Nicolas Winding Refn bleibt mit "The Neon Demon" einer der visuell und konzeptionell spannenderen Filmer. Das macht seine Inhalte und Aussagen aber nicht weniger dämlich.

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Mit »The Neon Demon« stellt Nicolas Winding Refn erstmals ein Frauen-Ensemble in den Mittelpunkt seiner Filme. Vertreterinnen eine klischeehaften Fashion-Industrie: die junge Neuankömmling, jene die schon länger dabei sind und der Neuen den Erfolg neiden und eine Make-Up-Artistin mit ihren dunklen Seiten. Sie reden auf Parties am Klo über Sex, gehen zu Castings, lassen unberechenbare Shootings über sich ergehen und leiden am Umfeld. Refn nutzt dies für einen Reigen gekonnt überstylter Bilder, lässt Hausmusiker Cliff Martinez einen düsteren Score beisteuern und veröffentlicht somit einen weiteren Film, der in erster Linie Eindruck machen und Reaktionen hervorrufen will. Ein optischer Genuss. Streckenweise hat das genügend Druck, um sich irgendwo zwischen Empathie und Affirmation mitreißen zu lassen. Nicht zuletzt auch wegen des zwar nicht überraschenden oder ungewöhnlichen, aber treffenden Casts. Alle bemühen sich sichtlich, den etwas flachen Rollen so etwas wie Tiefe und verschiedene Facetten zu geben – was vor allem bei den doch einfach nur hölzernen Dialogen, tatsächlich eine Leistung ist. Im Gedächtnis bleiben teilweise eher die kleinen männlichen Nebenrollen wie Keanu Reevs oder der Desmond Harrington – auch weil in weniger Screen-Zeit mehr zu holen war.

Reaktionär

Hier könnte es zu Ende sein und »The Neon Demon« ein Film, der zwar nicht besonders schlau ist – dafür aber angenehm druckvoll und konsequent. Nun war aber der Vorgänger "Only God Forgives" ziemlich fasrig und vollkommen zu recht nicht all zu gut im Gedächtnis. Und Refn ist deswegen auf ungewöhnlich ausgedehnter Promotour, die ihn am 8. Juni auch nach Wien führte. Da bestätigte er leider alle inhaltlichen Befürchtungen am Film mit teilweise zwar unterhaltsamen, aber letztlich reaktionären und dummen Aussagen. »The Neon Demon« sei kein Film über Fashion, sondern über einen Schönheitswahn im Zeitalter von Smartphones, Digitalität und Social Media. Letztere kommen im Film nicht vor … und den angesprochenen Schönheitswahn thematisiert der Film zwar recht einfältig, noch viel mehr aber tradiert er klischeehafte Bilder aus den 80ern: Diese Models sind alle irgendwie doof, Opfer nicht nur ihrer Umwelt, sondern auch ihrer selbst. Ihre Sexualität beschränkt sich auf die Rollen: Jungfrau, Sex als Mittel zum Zweck und Nekrophilie. Zwar sind auch Refns Männerrollen nie besonders durch Komplexität oder einen positiven Zugang aufgefallen, das wäre aber noch kein Grund diesem Muster treu zu bleiben.

Es ist schade, wenn ein formaler Könner wie Refn nicht nur implizit in den Raum stellt, eindrucksvolle Filme müssten vereinfachend und zuweilen dumm sein. Je besser die Fähigkeit des Publikums ist, das Hirn auszuschalten und sich ganz dem Film zu ergeben, desto besser funktioniert »The Neon Demon“.

„The Neon Demon“ startet in Österreich am 23. Juni 2016 und ist unter anderem im Gartenbau Kino zu sehen.

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