Angst vor starken Frauen?

Österreichischer Horrorfilm-Boom? Das sieht Thomas Weinmann vom Fright Nights Filmfestival nicht so. Dafür zeigt er viele starke Frauenrollen beim ultimativen Festival der Angst.

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Das Fright Nights Festival findet derzeit zum zehnten Mal statt und zeigt neben Big Budget-Filmen wie "Nymphomaniac 2" vor allem Independent- und Amateurfilme über Menschenfresser, mordlustige Einsiedler, verrückte Wissenschaftler mit Monster-Armeen und Henker aus dem Mittelalter.

Wir haben mit Thomas Weinmann, der den größten Teil der Festival-Leitung und der Programmierung macht, über Horrorfilme, Ängste und den Fokus auf starke Frauen beim diesjährigen Fright Nights Festival gesprochen.

Was muss ein guter Horrorfilm mitbringen?

Es braucht keine plakativen Gewaltdarstellungen nur um ihrer selbst willen. Einen tollen Soundtrack und eine Story, die sich nicht auf den ersten Blick erkennen lässt, zusammen mit Kameraeinstellungen und Farben, die man nicht überall sieht, sind wichtig. Handgemachte oder animatronische Monster und Splatter-Effekte sind auch immer gut.

Ist Sexualität für euch Angst einflößend oder warum kommt "Nymphomaniac 2" und "Baise-moi" zu einem Horrofilmfestival?

Es war eher so, dass es sich gerade angeboten hat, da wir am Eröffnungstag einen Kurzfilm von Lisl Matzer zeigten der eine Feministische Superheldin Namens Menstruella zeigt die mit ihrem Menstruations-Blut dummen Machos den Garaus macht. Diese Idee gefiel mir so gut, dass ich den ganzen Tag im Zeichen starker Frauenrollen stellen wollte. Dem Horrorfilm wird ja oft Misogynie vorgeworfen – teilweise auch zu Recht. Darum sollten die genannten Filme diesem Faktum im Genre entgegenwirken. Im Nachhinein gesehen bin ich mir bei Lars von Trier nie ganz sicher ob es ihm um Probleme von Frauen geht oder eher um persönliche Befindlichkeiten die er über Charlotte Gainsbourg zum Ausdruck bringt. Starke Frauenrollen ziehen sich aber wie ein roter Faden durch das diesjährige Festival. Bei Virginie Despentes weiß man ja, dass sie eher im Geiste des Feminismus schreibt und Regie führt.

Ist Horrorfilm eigentlich Ablenkung oder doch Sublimierung von kulturellen und sozialen Ängsten?

Beides, denke ich. Die einen suchen Ablenkung, die anderen, so wie ich, sehen hinter Horrorfilmen gesellschaftliche Dogmen oder Normen, die durchbrochen gehören. Menschen die am Rande der Gesellschaft stehen oder getriebene Persönlichkeiten, die an ihrem Ego oder Wahnsinn scheitern haben mich schon immer interessiert.

In Österreich gab es in den letzten Jahren einen regelrechten Horrorboom – "Blutgletscher", "In 3 Tagen bist du tot", irgendwie auch "Das finstere Tal" oder "Taxidermia", "Auf bösem Boden", "One Way Trip" … Was fehlt noch für den internationalen Erfolg?

Naja, als Horrorboom würde ich das Aufkeimen mancher österreichischer Produktionen nicht bezeichnen. Es freut mich, dass es sie gibt, aber ich glaube eine gewisse Eigenständigkeit fehlt den meisten Produktionen noch. Man liest in den Kritiken sehr oft einen Verweis auf amerikanische Vorbilder. Der europäische Horrorfilm von Argento über Bava bis zu den französischen Filmemachern der Neuzeit haben alle ihren eigenen Stil verfolgt und dadurch auch international Erfolg gehabt, das vermisse ich noch bei unseren heimischen Regisseuren. "Taxidermia" geht da schon in die richtige Richtung, wird aber wahrscheinlich von den meisten als ungarischer Film gesehen und wahrscheinlich würden ihn die meisten auch nicht als Horrorfilm bezeichnen. Ich für meinen Teil ziehe ja die Grenzen nicht so eng. "Auf bösem Boden" ist natürlich ein Paradefilm für die Fright Nights und spiegelt genau den Geist des Festivals wieder.

Gibt’s Zusammenarbeit oder Überschneidungen mit dem Slash Filmfestival?

Es gab einmal ein Treffen mit Markus Keuschnigg, leider ist daraus keine Zusammenarbeit entstanden, obwohl ich mich darüber sehr freuen würde. Wir haben aber unser Festival extra auf Anfang des Jahres verlegt da es normal immer im Oktober stattfand, ich aber der Meinung war das Viennale, Slash und Fright Nights hintereinander zu viel für das Publikum sind. Wie ich jetzt gelesen habe, gibt es aber im Mai auch ein kleines Slash Film Festival – also die Horrorfans kommen nicht zur Ruhe.

Wonach wählt ihr euer Programm aus?

Dadurch dass bei unserem Festival ein Wettbewerb stattfindet, spielen wir natürlich vorrangig eingereichte Filme. Zusätzlich werden dann auch immer Klassiker gezeigt. Natürlich fragen wir auch Filme bei Verleihern an, die uns ins Konzept passen. Weil voriges Jahr aus Zeitgründen kein Wettbewerb stattfand und Veröffentlichungen sehr günstig fielen, hatten wir viele Big Budget Filme im Programm wie das "Evil Dead"- Remake und "Texas Chainsaw Massacre 3D". Normalerweise sind die aber nicht unbedingt unser Kernziel. Wir stehen eher für die Förderung des Independent- und Amateurfilms.

„Fright Nights“ feiert heuer seinen zehnten Geburtstag, wie hat sich das Festival über die Jahre verändert?

Eigentlich hat sich nur die Location geändert, als wir von Klagenfurt nach Wien gezogen sind. Ansonsten steht das Festival noch immer für ein bisschen Chaos und familiäre Betreuung der Gäste und Filmemacherinnen und -macher.

Wie oft seid ihr Freitag abends im UCI bei den Midnight Movies?

Eigentlich gar nicht, da wir im Hollywood Megaplex beheimatet sind und das nichts mit dem UCI zu tun hat. Das Megaplex ist ein Familienbetrieb aus Innsbruck und bemüht sich schon immer um Independent Filme sowie Macherinnen und Macher.

Persönlich war ich auch noch nie im UCI bei den Midnight Movies.

Wie angesehen ist euer Preis „Die silberne Hand“?

Das kann ich nicht sagen, da er für jeden seine eigene Bedeutung hat. Es ist aber auch gar nicht so wichtig, da es ja schon unzählige Preise in die Richtung gibt. Wir sehen es als eine Anerkennung für die Filmemacher und Darsteller, die am Rande des Wahrnehmungsspektrums der breiten Masse stehen.Manche Filme, die bei uns gelaufen sind, haben nie einen Vertrieb gefunden und haben dadurch auch durch den Preis nie einen Mehrwert an Einnahmen bekommen. Wir wurden aber auch schon auf DVD Covers gedruckt, also dürfte es für manche doch eine Bedeutung haben.

Empfehlungen von Horrorfilmen, die nicht bei euch laufen? Und Serien außer “Les Revenants”?

Persönlich freu ich mich auf das neue Projekt der "Inside"-Macher "Among The Living". Ich bin nicht unbedingt ein Serienseher. Aber "American Horror Story" gefiel mir ganz gut. Die zweite Staffel liegt auch bei mir zuhause bereit. Nur die Zeit fehlt.

“Fright Nights – Das ultimative Festival der Angst” findet von 4. bis 13. April im Megaplex Gasometer in Wien statt.

i>frightnights.wordpress.com

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