Wiens eigenes Modespektakel

Jahr für Jahr leistet sich die Angewandte eine aufwändige Modenschau für sich und ihre Studierenden. Auch diesmal wurde unter der Ägide von Hussein Chalayan einiges geboten.

Alles so wie man es sich vorstellt: ein weißer Laufsteg zwischen zwei ansteigenden Tribünen, Mädchen in Oversize-T-Shirts, die Programmhefte austeilen, grelles Licht, wummernde Musik. Die Inszenierung der "Show Angewandte 16" bedient beinahe alle Erwartungen. Nur die obligatorischen Eröffnungsreden – Rektor Bast mahnt die Notwendigkeit von Kunst in Krisenzeiten ein; eine Vertreterin der Wirtschaftskammer spricht gebrochenes Englisch – erinnern daran, dass man hier eine Uni-Veranstaltung besucht. Und auch die First-Row-Outfits müssen noch zulegen, um als Modenschau neben der Modenschau durchgehen zu können.

Wiederholung von Samt, Fransen, Transparenzen

Die Show selbst beginnt mit Projekten erstjähriger Studierender, kommt dann nach den Kollektionen des zweiten Jahrgangs zum eigentlichen Hauptteil, den Diplomprojekten, um dann mit dem dritten Jahrgang und weiteren Arbeiten des ersten Jahrgangs auszuklingen. Eine wirksame dramaturgische Struktur stellt sich dabei aber nicht ein. Unfertiges und Liebloses steht hier unvermittelt neben glänzenden Ideen, wie sie nur im universitären Arbeiten entstehen können. Diese sind mitunter sogar schon in Ansätzen ausformuliert. Einige sich wiederholende Themen sind: Samt, Fransen, Transparenzen, Schlitze und Öffnungen, überlange Ärmel.

Gesonderte Erwähnung sollen die PreisträgerInnen finden. Dorothee Ganzinger bekommt für eine im nicht schlechtesten Sinn konventionelle Kollektion das Fred-Adlmüller-Stipendium zugesprochen. Kohei Nishi gewinnt eine Fotostrecke im Indie Magazine für seine wild-unterhaltsame Arbeit voller Dekonstruktion, Unproportionalität und Mismatching, die er mit verwischtem Lippenstift und älteren Damen als Models präsentieren lässt. Der Rondo-Vöslauer-Modepreis schließlich geht an Anna Schwarz, deren Projekt, eine Verbindung ihrer Modekollektion mit Ton- und Videoausschnitten zum Thema Kleidung und Identität, im Rahmen der Modenschau ohne kontextuelle Informationen offene Fragen hinterlässt.

So wichtig, spannend und unterhaltsam die derartige Zelebrierung von Mode als ästhetisch intensives Event ohne Frage ist, lässt sie einen dennoch mit dem Wunsch zurück, mehr Zeit mit den Stücken und den dahinterliegenden Intentionen verbringen zu können. Das darf man als Aufforderung zum Arbeiten an Präsentationsformaten verstehen, die die Catwalk-Show ergänzen – nächstes Jahr gibt es ja bestimmt wieder viel zu zeigen.

Die Abschlussschau der Modeklasse der Universität für angewandte Kunst 2016 fand am 9. Juni in der Kunsthalle Wien statt.

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