Vom Wiener Dachboden ins Pariser Palais de Tokyo

Die Designer von Numen/For Use touren mit ihrer Tape-Installation durch die ganze Welt. Jüngste Station: Paris. Und wie!

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For use: dieser Name war ein Statement für Funktionalität und nüchternes, im Detail raffiniertes Design. 1998 wurde das Büro vom Deutschen Sven Jonke, vom Kroaten Nikola Radeljkovic und vom Wiener Christoph Katzler gegründet. Sie hatten sich während ihres Studiums in Wien und in Zagreb kennengelernt und gingen danach die Industriedesigner-Karriere höchst motiviert an: Bald entwarfen sie für so große Firmen wie Magis, ClassiCon, Moroso oder Zanotta.

Doch das war ihnen nicht genug. Seit 1999 begannen sie, sich unter dem Label „Numen“ auch anderen Projekten zu widmen. So gestalteten sie die Strandpromenade in Split oder arbeiteten als Bühnenbilder für die Oper. Das wohl erfolgreichste Projekt entstand als Experiment im 9. Bezirk. Im – nicht ausgebauten – Dachboden des Hauses, in dem Christoph Katzler wohnt, begannen sie mit durchsichtigem Klebeband zwischen den Dachbalken einen raumfüllenden Kokon zu spannen, der nach tagelanger Arbeit und hunderten Rollen Klebeband so groß geworden war, dass man sich darin bewegen konnte. Man lud Freunde ein, und die waren von der eigentümlichen Skulptur begeistert: Als wäre ein Rieseninsekt tätig gewesen, so sah es aus. In der Wiener Designszene sprach es sich schnell herum: Das muss man gesehen haben.

Kraxeln auf eigene Gefahr

Der Erstversuch ist nun etliche Jahre her, und die Tape Installation erfuhr einige Fortsetzungen. Wie immer, wenn man etwas „offiziell“ macht, wurde es schwieriger: Genehmigungen einholen, Statik prüfen, Sicherheitsauflagen etc. Das mit dem Hineinkraxeln in die Skulptur ist fürs gewöhnliche Publikum – allein schon aus statischen Gründen – auch nicht mehr so ganz einfach, und was wäre, wenn jemand mittendrinn plötzlich auf die Idee kommt, sich eine Tschick anzuzünden? Immer wieder bespielte Numen/For Use in den vergangenen Jahren interessante Locations: in Tokyo, Melbourne oder Frankfurt. Dort übrigens die Schirn Kunsthalle. Im schwedischen Örebrö überspannte man gar einen Burggraben mit einer Tape-Brücke.

Und nun Paris, und nicht irgendeine Adresse, sondern das Palais de Tokyo, das sich als „Site de création contemporaine“ dem allerneuesten Kunstgeschehen widmet und sich auch anderen Disziplinen – wie Mode oder Design – öffnet. Die Tape Installation ist dort Teil der Ausstellung „Inside“, die sich mit Introspektion und den unendlichen Weiten und Abgründen des Selbst auseinandersetzt. Zwölf Menschen arbeiteten zehn Tage lang an der 50 Meter langen und 6 Meter hohen Raumskulptur in der großen Eingangshalle des Palais de Tokyo. Jetzt könnten hier noch ein paar interpretatorische Gedanken über Sinn und Sinnlichkeit dieser Installation folgen. Sparen wir uns das, die Fotos allein sprechen Bände. Wer aber bis 11. Jänner gar nach Paris kommt: Hingehen, staunen, auf sich wirken lassen.

www.palaisdetokyo.com/en/inside

www.numen.eu

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