Kein Mode-Bakk mehr in Hetzendorf?

Mit dem aktuellen Semester startet der letzte Bachelor-Lehrgang in Hetzendorf. Die Entscheidung kam kurzfristig und sorgt für Unmut. Die Petition ist im Gange.

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Erst 5 Jahre ist es her, da setzte man die Idee zu einem Bachelor-Studium im Modebereich in die Tat um. „In sechs Semestern zum Bachelor of Arts an der Modeschule Hetzendorf” wurde damals propagandiert. “Mode wird in Wien akademisch”, schrieb man. Diesem Vorhaben stimmte die Politik im Ausschuss der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Information und Sport zu. Eingebunden in diesen Traum von der Modestadt war neben der Hetzendorfer Modeschule auch die Kunstuniversität Linz. "Ein zentraler Aspekt ist die Kooperation und der ständige Diskurs mit der Praxis und der Wirtschaft", erklärte damals Hetzendorf-Direktorin Gerda Buxbaum. Dank ihr kam die Kooperation mit der Kunstuniversität Linz zustande. Projekte, Ausstellungen, Wettbewerbe, Messen, Exkursionen etc. sollten den Studierenden die Möglichkeit bieten, Netzwerke aufzubauen, sowie erste praxisorientierte Erfahrungen zu machen. "Die in Europa einzigartigen Einrichtungen und Werkstätten sowie der ausgezeichnete Ruf der Modeschule der Stadt Wien im Schloss Hetzendorf haben uns überzeugt, den richtigen Partner für dieses Studium gefunden zu haben", so Marga Persson-Petraschek von der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz. Deren Rektor Reinhard Kannonier sieht Linz im Gegensatz zu Wien nicht als Modestadt und lässt sich vielleicht gerade deswegen auf diese Zusammenarbeit ein.

So innovativ und lückenschließend das Projekt auch klingen mag – es zeigt eine kurze Halbwertszeit. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Lehrgang heuer das letzte Mal starten wird. Kannonier ist einer der wenigen, die das nachvollziehen können. „Der Ausbildungsfokus der Stadt Wien liegt nicht im universitären Bereich.“ Die Stadt Wien (vertreten durch die Magistratsabteilung 13), die das Studium finanzierte, begründet ihre Entscheidung mit nicht erfüllten Erwartungen: Weder wurde die Zielgruppe noch die erwartete Zahl an Studierenden erreicht. Der Studiengang sei als Weiterführung für Schüler und Schülerinnen der Modeschule Hetzendorf gedacht gewesen. Er sollte die Möglichkeit geben, "nach Absolvierung der Modeschule eine weiterführende Ausbildung mit universitärem Abschluss zu bieten." Diese Erwartung hätte sich nicht erfüllt: nur fünf Hetzendorf-Schüler und -Schülerinnen besuchten in den vergangenen Jahren den Studiengang. Grundsätzlich aber, so die MA13, "fällt die Führung und Finanzierung von Universitäten in den Aufgabenbereich des Bundes."

Die Nachfrage ist groß

Offensichtlich scheint es in diesem Punkt unterschiedliche Auffassungen zu geben. Der Studiengang scheint von Anfang an, als ein Bachelorlehrgang für alle Interessenten aufgestellt gewesen zu sein. Als Voraussetzung für die Inskription wurde die allgemeine Hochschulreife (Matura bzw. vergleichbarer Abschluss) genannt. Eine Aufnahmsprüfung wählte aus den Bewerbungen aus. Der Andrang war von Beginn an nicht zu knapp. Dass von 120 interessierten AnwärterInnen heuer allein nur 70 zur Aufnahmeprüfung antreten durften ist ein Beweis der großen Nachfrage nach einem akademischen Modelehrgang.

Wiens damalige Vizebürgermeisterin Grete Laska zeigte sich anno 2006 erfreut über den neuen Ausbildungsweg: "Schon bisher zählte unsere Modeschule im Schloss Hetzendorf inhaltlich zu den besten in Europa, durch diesen Schritt schließen wir mit dem Abschluss Bachelor of Arts auch formal zur Spitze auf." Immer wieder wurde betont, wie sehr die Neuerung einen internationalen Zugang bedeuten würde. Dabei ist es schließlich kein Fehler, auch externe Personen und internationale Studenten anzusprechen, die ihrerseits wieder für wichtigen Input von Außen, für Austausch und Innovation sorgen. Könnte man meinen – aber die Stadt Wien hätte sich mehr hausinterne Übergänge erwartet. Über diese Argumentationslinie der Stadt Wien wundert sich auch Reinhard Kannonier: „In dem Moment, wo wir die Kooperation mit der Modeschule der Stadt Wien eingegangen sind, war klar, dass die Kriterien einer Kunstuniversität gelten würden. Das heißt, eine beschränkte Zahl von Studierenden pro Jahrgang und ein Aufnahmeverfahren, bei dem ausschließlich Qualitätskriterien gelten.“ Vonseiten der Kunstuniversität Linz seien die Erwartungen bei um die 130 Anmeldungen und 25 Studierenden pro Jahrgang zur Gänze erfüllt gewesen.

Das Facebook-Event “GEGEN: Abschaffung des Bakk-Studiums Hetzendorf”, stellt sich gegen die Streichung und sieht in ihr einen bildungspolitischen Schuss ins Knie. Eine Rücknahme dieser erst vor wenigen Jahren eingeführten Möglichkeit die österreichische Modeindustrie auch personell für die Zukunft fit zu machen, bedeute ein unmittelbaren wirtschaftlichen Schaden und eine Abwertung des Modestandortes Wien, der sich gerade erst ein bisschen zu profilieren begonnen hatte. „Mir selbst hat das Bakkalaureat in Hetzendorf erst die Tore zum Masterlehrgang an der international höchst angesehenen Designakademie in Eindhoven/NL ermöglicht und damit die Tore zu einer internationalen Karriere geöffnet. Meine Erfahrungen kann ich wiederum in meiner Heimatstadt einbringen.”, schreibt eine Hetzendorf-Absolventin.

Auch die ehemalige Direktorin von Hetzendorf, Gerda Buxbaum, die für die Implementierung des Bachelorstudiums verantwortlich zeichnete, spricht von einer "komplett unverständlichen" Entscheidung. Allein für das gerade beginnende Studienjahr gäbe es 120 Anmeldungen für 25 Studienplätze. Die Entscheidung kam auch für Ute Ploier überraschend. Die Designerin wurde erst im Frühjahr mit der Leitung des Bakkalaureat-Lehrgangs betraut. Im Oktober wird sie die Professur für Mode in Hetzendorf übernehmen: "Diese Entscheidung hat mich vor den Kopf gestoßen. Ich weiß von keinerlei Gesprächen im Vorfeld." Ploier wird den auslaufenden Studiengang für die kommenden drei Jahre leiten: "In dieser Zeit zähle ich auf die volle Unterstützung der Stadt Wien." Mit vollem Optimismus nimmt sie ihre Rolle in Angriff. „Ich werde mit den Studenten das Beste herausholen. So wird danach umso deutlicher werden, dass hier eine wichtige Einrichtung wieder verschwindet.“

Irmie Schüch-Schamburek, Fashion-Ikone und Stilberaterin besuchte auch einst die Modeschule Hetzendorf. Damals schloss man noch mit einer Gesellenprüfung ab. Sie findet, dass insbesondere in der heutigen Zeit ein Bachelor Studium nicht unbedingt Voraussetzung für eine tolle Karriere ist. Laut Schüch-Schamburek hätte Hetzendorf von allen Modeschulen sicher noch den internationalsten Zugang, ist aber leider zu wenig praxisbezogen.

Studierende: Falsches Signal

Für die Absolventen und Studierenden der verbleibenden drei Jahre ist die Nachricht jedenfalls ein Schock. „Wir etablieren uns gerade als Modeuniversität, und es ist schade, dass jetzt dieses Signal kommt“, meint Studienrichtungsvertreterin Lida Marinkova, die im Herbst ihre Abschlussprüfung macht: „Wenn jetzt bekannt wird, dass es das Studium in drei Jahren nicht mehr gibt, ist das sicherlich nicht nützlich.“

Die Online-Petition.

BILDER Von der letzten Modeschau in Hetzendorf im Juni 2011.

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