Kann man mit Online-Journalismus Geld verdienen, Mister OZY?

Verleger, die nicht müde werden zu betonen, dass sie voll auf Print setzen und bewusst gegen den digitalen Strom schwimmen, haben in Wahrheit keine Strategie und keine Vision. Sie klammern sich wie Ertrinkende am Papier fest. Ihr Problem: Jedes Stück Papier geht irgendwann im Wasser unter.

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Im Silicon Valley ist dies „general Opinion“. Und in Österreich? „Unsere Mentalität ist: Wir brauchen Reformen, aber nix darf sich ändern“, sagte bereits Altkanzler Viktor Klima treffend.

Nach wie vor gehören einige Verlagshäuser der Telefonzellen- und Dinosaurierfraktion an, die alles beim Alten lassen will. Den Internet-Auftritt der Zeitungen und Magazine vertraut man häufig Praktikanten an, die in der Stunde fünf Euro bekommen. Weil es keinerlei Verzahnung gibt, entstehen jede Menge Kariesgeschichten, also löchrige Storys, die die User verstören und der Marke schaden.

Wie oft habe ich den Satz gehört: „Online-Werbung bringt, verglichen mit Print, nur wenig.“ Aber werden die Anzeigenkunden noch Inserate schalten, wenn selbst die Gratiszeitungen (wie jetzt schon in den USA) ungelesen in den Boxen liegen bleiben – weil sich die Menschen in den Cafés und Öffis lieber über das Smartphone informieren?

Egal. Ich lebe hier in Mountain View in einer anderen Welt, so als hätte jemand an der Zeit gedreht. Gefühlte zehn Jahre nach vorn. „OZY is future“, schwärmte erst neulich eine Professorin der renommierten „Stanford University“ bei einem Redaktionsbesuch.

Doch ist Qualitätsjournalismus heutzutage noch überlebensfähig?

Kann man mit einem hochwertigen Online-Magazin, das sich gutbezahlte Redakteure, Reporter, Korrespondenten, Fotografen, Video Producer und Grafiker leistet, Geld verdienen?

„You can“, sagt OZY-Boss Carlos Watson. Aber: „Wir müssen alles, wirklich alles anders machen, als es Print in den letzten Jahren vorgezeigt hat.“

Investoren wie Laurene Powell Jobs, Witwe von Apple-Boss Steve Jobs, oder David Drummond, Google’s Chief Legal Officer, vertrauen dem ehemaligen CNN-Mann. Der deutsche Axel-Springer-Verlag ist mit mehr als 20 Millionen Dollar an OZY beteiligt.

„Wir sehen unsere Investoren als Freunde, die uns auch mit ihrem unbezahlbaren Knowhow unterstützen und begleiten“, sagt Carlos Watson. Einer der Mentoren ist die Silicon-Valley-Größe Ron Conway. Mit seinen Millionen half er Google und PayPal in deren Gründungsphase.

Spätestens in drei Jahren will die OZY-Crew den Breakeven erreichen.

Mit Bezahlinhalten?

Carlos Watson: „I hope that people will one day pay for it. Maybe in two years.“

Während die meisten Verlage im klassischen Printgeschäft zu chronischen Verlierern geworden sind, gewinnt OZY Monat für Monat Anzeigenkunden in fast allen Kontinenten dazu. Großunternehmen wie die Credit Suisse schätzen die OZY-Zielgruppe: „Menschen zwischen 25 und 49 Jahren, die besonders gebildet und neugierig sind, eine Generation, die für Wechsel und Veränderung steht – die sogenannte Change Generation“ (Watson).

Selbst in Sachen Vermarktung und Business-Strategie wollen der OZY-CEO und Co-Founder Samir Rao (einst Partner bei Goldman Sachs) „embrace progress“, den Fortschritt umarmen. Wie – das ist „company secret“.

Auch wenn ich jetzt ins Phrasenschwein einzahlen muss: Der Journalismus lebt. Jeder, der bei OZY arbeitet, spürt das.

AD PERSONAM

Wolfgang Ainetter (hier auf Twitter) war Ressort-Leiter bei der Bild Zeitung, Chefredakteur der Gratis-Zeitung Heute und zuletzt Chefredakteur bei News – als längstdienender Chefredakteur nach dem Gründer. Diesen Sommer über bloggt Ainetter für The Gap über seine Hospitanz bei OZY im Silicon Valley.

WEITERLESEN:br />Erster Teil des Blogs – Die Bewerbung und die Vorgeschichte

Tag 1 in den Ozy Headquarter

Tag 2 Gastauftritt Kurt Kuch

Tag 3 Kein Wlan im Biergarten

Tag 4 Welcome To The Stone Age

Tag 5 Larry Page, Marissa Mayer und der Telefonzellenfabrikant

Tag 6 Anforderungsprofil für Silicon-Valley-Journalisten

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