"Die Präsidentinnen" sind immer noch großartig

Im Akademietheater feiert am 2. Oktober 2015 Werner Schwabs »Die Präsidentinnen« Premiere –und das 25 Jahre alte Stück ist immer noch ein großartiger Grund ins Theater zu gehen.

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»Die Präsidentinnen« ist Werner Schwabs meistgespieltes Stück, das gefühlt fast permanent irgendwo aufgeführt wird. Und die aktuelle Inszenierung am Wiener Akademiethater macht wieder einmal deutlich, wie fantastisch das Stück ist. Regisseur David Bösch und sein Team haben sich für eine Ernsthaftigkeit entschieden, die dem Stück fast überraschend gut tut. Schon das Bühnenbild und die Kostüme zeugen von großer Tristesse, erinnern mit Schriftzügen an den Wänden und Mariedls Lumpenkleidung teilweise eher an eine Horrorfilm-Kulisse und holen die menschlichen Abgründe früh ins Bild. Bei der Intonation betont die Aufführung nicht Schwabs Kunst-Sprache, sondern deren Inhalt.

Die Präsidentinnen sind drei Frauen, die in einer Wohnküche Zeit miteinander verbringen. Eine recht mittellose, tief katholische Rentnerin, eine ältere Dame, die zumindest keine Geldsorgen hat und die jüngere, naive Mariedl. Während sie im ersten Akt aus Alltag und Vergangenheit erzählen und dabei von deprimierenden Niederungen der Gesellschaft berichten, fantasieren sie sich im zweiten Akt in getrennten Träumen doch gemeinsam auf ein Volksfest. Nicht nur hier wird deutlich warum »Die Präsidentinnen« ein Teil von Schwabs Fäkaliendramen sind.

Zwischen bitterem Humor und zum Glück für die meisten nicht wirklich alltäglichen Traurigkeiten entwirft Schwab eine brillante Gesellschaftskritik, die sich nicht zuletzt an der österreichischen Variante des Katholizismus abarbeitet. Er deutet aber nie mit dem Finger auf Figuren und Charaktere, stellt sein Personal (im Gegensatz etwas zu Ulrich Seidl) nie aus, ja selbst wenn es kurz um Kindesmissbrauch geht, ist das für ihn ein gesellschaftliches Problem und kein Indivuduelles. Alle Figuren müssten sich in ihren Handlungen viel vorwerfen lassen – genau um diesen Vorwurf geht es Schwab aber in keinster Weise. »Die Präsidentinnen« sind als Stück großartig erdacht, in Sprache und Details gerade zu perfekt ausgeführt. Und sie sind von Regina Fritsch, Barbara Petritsch und Stefanie Dvorak großartig gespielt. Besonders sichtbar wird das im zweiten Akt, wenn es keine Bilder braucht um mitzuleben, wenn die drei Frauen ein erfundenes Volksfest entwerfen und sich von ihren jeweiligen Fantasien begeistern lassen.

Seit 1990 hat sich viel geändert und die beschriebenen Szenen kennt man vielleicht nicht mehr aus der privaten Verwandtschaft. Aber die Themen haben nichts an Aktualität eingebüsst und Schwabs Stück ist immer noch geprägt von einer kompromisslosen und intelligenten Wucht.

»Die Präsidentinnen« ist ab 2. Oktober 2015 im Akademietheater zu sehen. Die hier beschriebenen Eindrücke basieren auf der öffentlichen Probe am 1. Oktober.

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