Die Enkel von Niko Kralj

Eine Ausstellung im Designforum Wien beweist, dass zeitgenössisches slowenisches Design nicht nur mit Waschmaschinen zu tun hat.

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Wer kennt einen slowenischen Designer? Klingt wie die letzte Frage beim Millionenquiz, doch zumindest Designkenner fällt der Name Niko Kralj ein. Dem „König der Stühle“ hat das Architekturzentrum Wien erst im vergangenen Jahr eine Ausstellung gewidmet, er begründete ab den 1950er Jahren das moderne Industriedesign bei unserem südlichen Nachbarn. Dem wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegszeit entsprechend entwarf Kralj Möbel, die material- und herstellungstechnisch auf dem neuesten Stand und zugleich günstig waren. Seine Stühle prägten nicht nur das Erscheinungsbild unzähliger öffentlicher Einrichtungen und privater Räume in Jugoslawien, sondern wurden weltweit verkauft.

Jeder von uns ist schon mal auf einem Kralj-Stuhl gesessen, oder doch zumindest auf einer Kopie davon. Unter dem Label Rex Kralj werden die Designklassiker, allen voran der Entwurf „Rex“, seit kurzem wieder produziert, dieser Tage ist die neue Kollektion bei der Mailänder Möbelmesse zu Gast. Sie lässt manche zeitgenössischen Entwürfe alt aussehen und kann sich in ihrer herrlichen Schlichtheit mit skandinavischen Designklassikern messen

Im Designforum Wien ist natürlich auch ein Kralj ausgestellt, ohne den (heute 92jährigen) Übervater des slowenischen Designs geht es nicht. Doch das zentrale Thema der Präsentation „Silent Revolutions“, die vom Museum für Architektur und Design in Laibach kuratiert wurde, ist das zeitgenössische Design von den 90er Jahren bis heute. Das ist in seiner Bandbreite dem österreichischen gar nicht unähnlich: Im Bereich Industriedesign sind etwa Ski und Skischuhe typisch (Alpina, Elan), von Gorenje-Haushaltsgeräten ist zwar keine Designrevolution, aber doch zumindest Solidität zu erwarten. Für den Bereich High tech stehen ein Solar-Segelflieger und eine ebenso mit Sonnenenergie betriebene Yacht, traditionelle Möbelhersteller kleineren Formats finden mit innovativem Materialeinsatz ihre Marktnische, wobei im Waldland Slowenien Holz eine entsprechend dominante Rolle spielt

Abseits von einigen konventionellen Entwürfen finden sich interessante Highlights, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Eine Sitzklappe von Gigodesign demonstriert, dass man mit minimalem Aufwand im öffentlichen Raum auch Komfort bieten kann. Die ergonomische Schneeschaufel, entworfen von Pavlinec & Pavlinec, hätte man in diesem Winter gut brauchen können, denn ihr geschwungener Stil verlagert den Kraftaufwand vom geschundenen Rücken in die Beine: Schneeschaufeln als gesundes Krafttraining, bei dem man gute Figur macht – nicht übel. Eine zündende Idee hatte der Designer Rok Oblak mit seinem simplen Kocher „Holey Roket Stove“, den man mit Holzbriketts befüllt und der mittlerweile auf den Philippinen, in Uganda, Malawi, in der Demokratischen Republik Kongo und im Tschad eingesetzt wird

Zu den rund 20 Beispielen zeitgenössischer Gestaltung wurden fünf Gestaltungsklassiker aus Slowenien dazugestellt, die an die interessante, wenn auch international wenig bekannte Designtradition erinnern. Neben dem schon erwähnten Rex-Stuhl von Kralj sind dies echte Hammer: Peter Florjančič entwarf 1947 den Parfumzerstäuber (u.a. für Guerlain, Dior und Elisabeth Arden) und 1969 den Plastikrahmen für Dias (der dann u.a. von Kodak, Fuji und AGFA produziert wurde). Wäre spannend zu erfahren, welche Perlen sich unter den weiteren 400 Patenten des Erfinders befinden. Retro-Fans sei das ETA 80 Telefon (Entwurf: Davorin Savnik) ans Herz gelegt, einem wunderbaren Standardprodukt im ehemaligen Jugoslawien. Und nicht zuletzt prägte der „K67“ ab 1966 das Erscheinungsbild des Landes. Dabei handelt es sich um einen Kunststoffkubus von Saša J. Mächtig, der aus fünf Teilen zusammengesetzt wird und modular ergänzt werden kann. Typischer Einsatzbereich war der Zeitungskiosk, doch auch kleinere Geschäfte konnten so schnell errichtet werden – ein Pop up-Store, lange bevor man diesen Begriff erfand.

Silent Revolutions – Contemporary Design in Slovenia

Noch bis 28. April im Designforum Wien.

Bild(er) © Niko Kralj, Saša J. Mächtig, Davorin Savnik, Rok Oblak
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